Meer

Geisterhändler

Ich ließ den Jungen ungestört seine Meditation machen und verzog mich wieder in meine Kajüte um Logbuch oder besser gesagt Tagebuch zu schreiben. Danach kam ich dann wieder hoch, band Moe einen Brief an den Fuß und schickte ihn damit hinaus in den Nebel. Ob dem Jungen wohl schon aufgefallen war das der Nebel um mein Schiff immer blieb?

Auch wenn ich bereits bis zur Quelle vorgedrungen war, hiess das nicht automatisch, dass ich die Meditation perfekt konnte um vom Feuer zu lernen. Deshalb spuckte ich wieder etwas Salzwasser aus, als der Geisterhändler wieder an Deck erschien. Ich betrachtete ihn, während er offenbar einen Brief verschickte. “Wer ist der Empfänger?“, fragte ich neugierig.

Geisterhändler

Der Junge hatte offenbar trotz seiner gestrigen stolzen Rede sein Feuer doch noch nicht so unter Kontrolle wie er es gerne hätte, sonst wäre er wohl jetzt nicht wieder nass. "Ein alter Freund von mir" beantwortete ich seine Frage nach dem Empfänger und meiner Stimme war anzumerken das es ein wirklich guter Freund von mir war. "Huginn ok Munin fljúga hverjan dag Jörmungrund yfir; óumc ek of Hugin at hann aftr né comiþ, þó siámc meir um Munin." murmelte ich noch und schaute Moe nach.

“Jemand der uns…ähm…beim Kampf unterstützen wird?“, fragte ich erneut, um Genaueres über diesen Freund herauszufinden. “Wann kommen wir in Alcyoneum an oder werden wir kurz wo anders ankern?“, erkundigte ich mich, denn im Moment wusste ich nicht so genau, welche Ziele wir hatten. Besonders dann nicht wenn er anfängt in seltsamen Sprachen zu reden. Ich war immer davon ausgegangen, dass wir die anderen suchen, aber wer weiss, um welchen Freund es hier handelt.

Geisterhändler

"Vielleicht. Er hat jedenfalls eine schöne Bibliothek, auch wenn sein Ordnungssystem gewöhnungsbedürftig ist." meinte ich nur und beantwortete damit mal wieder eigentlich in keinster Weise seine Frage. "Wir kommen an wenn wir da sind und wir ankern wenn wir vor Land sind" antwortete ich auf seine zweite Frage hin. War fast schon verwunderlich das ich mit solchen Angaben dieses Schiff steuern konnte, allerdings nicht sonderbar das ich eine Mannschaft aus Geistern hatte... bei diesem Verhalten wollte sicher niemand mehr freiwillig anheuern.

Schon eine seltsame Person dieser Geisterhändler. Manchmal klare Antworten oder Gespräche und dann schweift er wieder ins Undeutliche ab. Und wieder einmal mehr fragte ich mich innerlich ob er das mit Absicht macht oder nicht. Wollte er mir dadurch etwas sagen? “Ähh…wenn wir ankommen sind wir da.“, stockte ich etwas verwirrt. Es war logisch, in der Tat, aber Inhaltlich sagt dieser Satz genau nichts aus. Ich schüttelte den Kopf und lehnte mich an die Reling. Dieser Nebel ist immer noch nicht verschwunden, ob das noch Nachwirkungen des Sturmes sind oder das Meer hier einfach so ist, dachte ich und schaute etwas trübsinnig in den Himmel.

Geisterhändler

Ich antwortete nicht auf das Nachfragen des Jungen, schaute nur gedankenverloren in den Nebel hinaus wo zwar scheinbar nichts zu sehen war aber für mich endlose Geschichten vorbei zogen, Erinnerungen an lange vergessene Dinge. Leicht seufzend meinte ich halb zu mir selbst: "Meine Zeit läuft ab Junge...ich werde nicht mehr ewig in dieser Welt bleiben" Die Zeit von jedem lief irgendwann ab und ich spürte das mein Ende nicht mehr lange auf sich warten würde.

“So alt siehst du gar nicht aus. Und fit scheinst du auch noch zu sein.“, meinte scherzhaft. Ob es nur Gerede ist oder doch mit etwas mehr Ernst genommen werden sollte, konnte ich nicht sagen. Aber ich nutzte seine Blösse und erzeugte in seinem toten Winkel Flammen, die hoffentlich diesmal sorgten, dass er nass wurde. Es würde ihn auch bestimmt auf andere Gedanken bringen.

Geisterhändler

Mit einer wirschen Handbewegung verlöschte ich einfach sein Feuer bevor auch nur einer der Geister reagieren konnte. "Ich bin älter als du dir vorstellen kannst und mit solchen Kinderspielchen kriegst du mich lange nicht." meinte ich etwas mürrisch und fuhr dann wieder ruhig wie immer fort: "Einst war ich ein Gott, Erschaffern einer Welt. Mehr als einen Namen gab man mir... Allvater, der mit den flammenden Augen, der schlecht Sehende, der die Heere zittern macht, der viel Wissende, der Entgegen-Rater, der Zauberer, Graubart, Heervater, Rabengott, der Wunscherfüller, der die Wahrheit Erratende, der in den Schlaf versetzt, der Beliebte, der Tüchtige, der Schreckliche, Herr des Schutzes, Mächtiger Sonnenwolf, Nachkomme des Gottes Yggr. ODIN." 

Ich hob die rechte Augenbraue. “Wenn du der bist, als den du dich ausgibst. Dann dürfte es sich um die Gegner wohl kaum um schwächere handeln. Oder zumindest Persönlichkeiten, die dir schaden können und du verlangst von mir und drei anderen, das wir den Krieg gewinnen? Bei dem ich übrigens immer noch nichts Genaues weiss, nur das unsere Zeit knapp bemessen ist. Das müssen ja zwei brutale Schlächter sein, neben mir und Scat.“, sagte ich und seufzte, ehe ich ihn direkt ansah. “Du willst mich trainieren? Am meisten Erfahrungen macht man in der Praxis. Also kämpfe ODIN.“ Mit vollem Elan sprang ich ihn an mit dem Schwert in der Hand, das bereits Feuer gefangen hatte. Ebenfalls setzte ich alles ein, das ich über mein Feuer kennen gelernt hatte. Ich wollte schon immer meine neu gewonnen Kenntnisse einsetzten, Geister hin oder her. Er würde eh kaum Schwierigkeit haben, aber vielleicht war das gar keine schlechte Trainingsmethode für jemanden wie mich.

Geisterhändler

Ich schüttelte ob seiner Auslegungen nur leicht den Kopf, wich seinen Angriffen leicht aus; blockte einfach seine Magie um mit ihm reden zu können und nach zwei raschen Handgriffen war er auch seines Schwertes entledigt das ich vorerst einfach ins Holz des Decks rammte. "Ich habe meinen Kampf schon vor langer Zeit ausgetragen. Es ist unwichtig ob ihr gewinnt oder verliert oder wer euer Gegner ist, die Aufgabe besteht darin euch einander nahe zu bringen und eure Fähigkeiten zu verbessern, aber es gibt nur eine bestimmte Zeitspanne in der dies möglich ist. Deine unvollendeten Techniken wirst du noch früh genug einsetzten können. Tee?" meinte ich nur und wand mich dann auch schon in Richtung Kajüte um welchen zu machen.

Schon enttäuschend schnell hatte er mich abgewehrt, aber ich sah darin keine Niederlage, denn schliesslich hatte ich es mit einem Gott zu tun. Ich lachte leise und meinte, “Das mag sein, dass es für dich so ist. Muss nicht heissen dass ich dieselben Ansichten teile wie du. Noch bestimme ich mein Schicksal selbst.“ Ich nahm das Schwert wieder aus dem Holz. Zumindest einen Kratzer sollte drin liegen, wenn ich es oft genug versuche. “Es gilt als unhöflich dem Gegner den Rücken zukehren.“, sagte ich und griff erneut an, nur diesmal ohne Rücksicht auf das Schiff. Er würde es schon beschützen.

Geisterhändler

"Du kannst das Schicksal nicht bestimmen, das Schicksal bestimmt dich" war alles was ich noch dazu sagte. "Und noch unhöflicher ist es sich im Haus des Gastgebers schlecht zu verhalten." sagte ich im Umdrehen als er diesmal ohne Rücksicht auf das Schiff angriff. Die Geister die sich plötzlich um ihn herum verfestigten hielten ihn lange genug auf damit ich einen einzigen Zauber sprechen konnte der ihn in einer Magieblase knapp über dem Deck einschloss. Stich und Hiebfest, außerdem Magieresistent aber Luft und Wasserdurchlässig war es für ihn genau richtig damit er mal still saß und einfach nur nachdachte ohne sich abzulenken. "Sag wenn bescheid wenn du Hunger kriegst, wenn du lieb bittest lass ich dich dann vielleicht wieder raus." Und schon war ich in der Kajüte verschwunden während es draußen fast wie geplant zu nieseln anfing.

“Tz“, machte ich nur als er mich nun diesmal magisch einschloss. Doch da war er schon in der Kajüte verschwunden. Er war sich wohl sehr sicher  dass ich nicht einfach in die reale Welt abhauen würde. Nun, wenn man es genau nahm, war es ja auch so. Ich hatte es mal wieder geschafft gegen meinen Willen eingesperrt zu werden, weil ich nicht stark genug war. Vielleicht hatte der Geisterhändler recht, als er meinte, das Schicksal würde mich bestimmen und nicht umgekehrt. Ich versuchte mich mit aller Kraft zu befreien, aber es half nichts. Ich blieb weiter eingekerkert. Müde und kraftlos sank ich zusammen und liess den Regen einfach über mich ergehen. Ein paar Mal versuchte ich es später erneut, aber immer mit dem selbem Ergebnis. Die Nacht brach herein und aus den einzelnen Tropfen wurde ein richtiger Regen. Auch wenn mich das Innere Feuer wärmte, so hatte ich doch immens viel Kraft verbraucht, dass selbst diese Magie ins Stocken geriet, weshalb ich nun doch etwas fror. Ich  kauerte mich zusammen und schlang die Armen um die Knie, um wenigsten etwas dem Unwetter zu trotzen.

Geisterhändler

Ich beobachtete den Jungen wie er sich im Laufe des Tages schlug und stellte fest das auch seine Kraft begrenzt war. Ihm selber war das wohl bisher auch noch nicht so aufgefallen wie oft er sie schon nutzte allein um sich zu merken und das würde eine gute Übung zum Nachdenken sein. Außerdem, wenn er raus wollte brauchte er das nur sagen und laut genug rufen. Wobei die Geister und Hugh mir auch bescheid geben würden. Mal sehn wie lang er braucht um sich dazu durchzuringen... Damit er in der Nacht nicht das Gefühl hätte ich habe ihn einfach vergessen, stellte ich eine Lampe ins Fenster, eine alter Brauch wenn man auf jemanden wartete damit er nach Hause fand.

Über Nacht begannen sich meine Kräfte zu regenerieren, wenn auch diesmal langsamer als sonst üblich wäre. Das Licht am Fenster ignorierte ich gekonnt, da ich es mehr als eine Provokation wahrnahm und daher die Wirkung verfehlte, die sich der Geisterhändler vielleicht erhoffte hatte. Ich fühlte mich wie ein Gefangener, den man wie früher auf Schiffen in aufgehängten Eisenkäfige einschloss und dann der Laune der Natur überliess, bis der Tod einem erlöste. Auch wenn ich nur darum bitten musste, damit er mich freiliess, aber daran dachte ich nicht mal. Das Einzige über das ich nachdachte war wohl eher wie es dazu gekommen ist. Die Ursache lag wohl im Stolz und meiner eigener Arroganz...

Geisterhändler

Da der Junge offenbar heute nicht mehr zur Vernunft kommen würde legte ich mich schließlich hin. Er hatte ja sein Feuer und würde damit nicht so schnell erfrieren, zum Schlafen dürfte es aber schon zu kühl sein aber nachdenken sollte er ja eh. Es hatte seine Gründe das ich ihn so schnell abgewehrt hatte, denn das er mein Schiff in Gefahr gebracht hatte nur um seinen kindischen und sinnlosen Kampf wieder aufzunehmen war unhöflich. Außerdem war dieses Schiff mein Zuhause, ein Stück des Weltenbaums. Was dachte der denn warum immer Nebel da war, uns niemand sonst bemerkte und wir nie irgendwo aufliegen obwohl offensichtlich keiner steuerte?

Ich blieb die ganze Nacht wacht, wobei ich am Anfang fror und einfach zusammen gekauert da sass, bis meine Magie soweit war dass sie mich wieder wärmte und den Regen annehmbar machte. Danach nahm ich die Meditation auf, weil viel anderes konnte ich nicht machen und schlafen wollte ich noch nicht. Ich würde warten bis der Geisterhändler zu mir kommt und etwas sagt, solange würde ich einfach in der Meditation verweilen.

Geisterhändler

Ich ließ mir am Morgen ausreichend Zeit zum Frühstücken, beschäftigte mich mit Absicht noch länger drinne und kam erst gegen Mittag raus zu Kenji. Amüsiert lehnte ich mich an die Wand und schaute ihn an. "Na, genug nachgedacht?" fragte ich ihn schmunzelnd. "Zu irgendeinem nützlichen Schluss gekommen? Lust auf sinnlose kindische Kämpfe vergangen? Hunger?"

Er liess sich mit Absicht Zeit, sodass das er erst um Mittag wieder an Deck aufkreuzte wie all diese Erziehungsberechtigte im Waisenhaus, nachdem ich einige Tage im Kerker sass. Mit dem selbem spöttischen Unterton in der Stimme. Ich öffnete langsam die Augen und blickte den Geisterhändler an. Ich hustete kurz in die geballte Faust ehe ich ihm mit heisserer Stimme antwortete, “Kommt drauf an, was du unter nützlich verstehst. Ich bin mir das gewohnt einige Tage ohne zu Essen auszukommen.“ Als Widerspruch zum Essen knurrte mein Magen, aber ich tat so als hörte ich nichts.

Geisterhändler

"Unter nützlich versteh ich das du mein Schiff, mein Zuhause in Ruhe lässt und dich nicht mehr aufführst wie ein kleiner Junge der mit Holzschwertern spielt sondern wie der vernünftige Krieger der du vorgibst zu sein." antwortete ich ihm. Er hatte ganz sicher Hunger, aber ich ging nicht darauf ein so wie ich ihn kannte hatte er seinen Stolz.

“Tut mir leid, wie ich mich gestern aufgeführt hatte.“, murmelte ich heiser und schaute ihn nicht direkt an, sonder wich seinem Blick aus, “Der Übermut hatte wohl die Überhand übernommen, weshalb ich unüberlegt handelte…“ Ich war es leid hier noch ewig zu vergammeln, deshalb direkt die Wahrheit gestehen und sich entschuldigen. Nur weil ich es gewohnt war eingesperrt zu sein, heisst es nicht dass ich es bevorzuge.

Geisterhändler

Ich nickte nur, sagte aber nichts weiter dazu. Eine Handbewegung ließ die Blase platzen und ihn einfach auf den Boden fallen. "Komm erst mal rein, du klingst als hättest du Segeltuch verschluckt, etwas Tee wird dir sicher gut tun und danach kannst du dich ausruhen" Wir hatten die Sache geklärt, er hatte seine Lektion gelernt und auch wenn er jetzt vielleicht ein paar Tage mit Erkältung flachlag würde er es sich wenigstens für die Zukunft merken.

Ich räusperte, ehe ich antwortete, “Schon gut, ausserdem mag ich Tee nicht besonders. In paar Tagen dürfte es mir sicher besser gehen. Ich war schon erkälte in dieser Welt und hatte nicht gerade starke Beeinflussungen. Obwohl damals nicht so viel mit dem Feuer gespielt hatte.“ Ich wollte schon leise lachen, aber musste husten. Danach wand ich mich in Richtung Kajüte, um mich ins Bett zu legen.

Geisterhändler

"Ja, aber deine Freundin dreht mir sicher den Hals rum wenn sie dich krank findet." meinte ich nur als ich ihm reingefolgt war und machte ihm dennoch einen Tee. "Trink. Das hilft dir auch beim Schlafen" versuchte ich ihn dazu zu überreden und hielt ihm die dampfende Tasse hin.