Alternate Arcaria

Seufzend ließ ich mich aufhalten. "A-aber ... uff, also schön." Ich gab es ungern zu, aber vermutlich würde ich die Wegstecke sonst ohnehin nicht schaffen. Das mit dem Feuer hatte ich dabei vollkommen vergessen, schaute ihm nur dabei zu, wie er es ausmachte. Als er mich wieder hochhob, nahm ich die selbe Haltung ein, wie schon in der Zelle. "Einfach weiter in die Richtung!", wies ich ihn an und deutete das Waldstück entlang.
Das Schlitzauge etwas schwächelte bemerkte ich, doch was konnte ich schon groß tun, würde selbst kaum laufen können. Doch kaum hatten wir die höchsten Punkt des Hügels erreicht, schlich sich Hoffnung in unsere Augen. Auf der anderen Seite waren Felder und vielleicht hundert Meter weiter stand ein Farmerhaus mit angrenzender Scheune, Stall und einem Ring aus spitzen Holzpieken, die das Grundstück wie ein Schutzwall gegen Angreifer umgab. An den Wänden der Gebäude konnte man dafür aufgemalte Runen erkennen. "Ich sag doch, hier werden wir fündig!", grinste ich und klopfte dem Jungen leicht auf die Schulter. "Schaffst du es noch bis dahin? Vielleicht ist es einfacher wenn du mich einfach nur mit einer Hand beim Gehen stützt?", bot ich an, wollte nicht das er mir jetzt noch auf halben Weg wegklappen würde.

Amüsant wie wir uns bereits aufeinander eingespielt hatten... dabei kannten wir uns kaum. Hatte ich nicht mal nach ihrem Namen gefragt. Aber es funktionierte, besonders weil Entscheidungen mich manchmal doch überforderten. So konnte ich mich darauf fokussieren uns beide ans Ziel zu bringen, war nur froh als da tatsächlich eine Siedlung war. Allzugut stand es um mich dann doch noch nicht, würde nur Ruhe ohne Essen wenig ändern. „Klar“ entgegnete ich dennoch, wollte nicht so schnell aufgeben. Es war nicht weit. Musste nur langsamer machen weil es den Hügel hinab ging, die Stolpergefahr größer war. Von Haus aus hatte man uns auch bemerkt, konnte man Leute herauslaufen sehen, in unsere Richtung... ich schaffte es aber nicht mehr zu rufen, knickte am Fuß des Hügels ein und konnte gerade noch Zazu absetzen ehe ich mehr bewusstlos zur Seite fiel, die vorige Kälte jetzt mit leichtem Fieber ins gegensätzliche schlagend.

"Verflucht nochmal, Schlitzauge!" zischte ich entgeistert. Er hatte doch geschafft, das er es schaffen würde. Seufzend legte ich wieder eine Hand auf seine Stirn, doch mal was es keine Kälte, sondern eine unnormale Hitze. Diese Fähigkeit sollte er wirklich nur im Notfall nutzen. Als die Menschen herbei eilten und sahen das der Junge bewusstlos war, schienen sie nicht zu zögern ihn mitzunehmen, wenn gleich jeder von ihnen mindestens eine Waffe am Gürtel trug - ob nun Axt oder Dolch. Es dauerte eine Weile bis ich begriff, dass sie mit mir redeten, schaute sie nur etwas unverständlich an. Die wirkliche Erschöpfung hatte ich komplett verdrängt und die Hoffnung auf was essbares hatte mich einfach vorrangetrieben. Doch jetzt wo wir in Sicherheit schienen, versagte mein Körper vollends, gab sich den Strapatzen der letzten Woche hin, ehe ich benommen ebenfalls in einen tiefen Schlummer fiel.

Stur war ich eben, hatte allerdings auch nicht geahnt wie heftig und plötzlich es mich erwischen würde. Meine Fähigkeit war mir selbst noch viel zu unbegreiflich. Jedenfalls bekam ich nicht mehr mit wie ich hochgehoben wurde, Luna gleichfalls, sich jemand darum kümmerte unserer beider Wunden zu versorgen – heftige Prellungen auf meiner Seite, tatsächliche Wunden auf ihrer. Angesichts dessen dass zu meiner Erschöpfung noch Fieber kam dürfte ich länger semi-bewusstlos sein, gerade genug Momente habend dass man mir Suppe und Tee einflößen konnte, auch als die gutmütige Frau in deren Haus man uns einquartiert hatte bereits vorsichtig Luna befragte was los war.

Sicher hatte es einige Stunden gedauert, bis ich aus meinem Dämmerzustand erwacht war. Wirklich erholt war ich dabei nicht, doch der Schmerz hatte wenigstens nachgelassen, spürte die Bandagen am Rücken und eine kühle Paste, die man auf die Wunden geschmiert hatte. Dankbar nahm ich die Suppe und den Tee entgegen, die eine freundliche Frau in mein Zimmer brachte, nur Minuten nachdem ich aufgewacht war. Wie sich herausstellte waren wir in einer kleinen Flüchtlingssiedlung. Nachdem man die Städte verschlossen und den Bauern ihrem Schicksal überlassen hatten, taten sich einige von Ihnen in größeren Gruppen zusammen. Sie war jedoch zuversichtlich, dass die Städte sie bald wieder einlassen würden, waren sie schließlich immer noch die Hauptversorgung an Nahrungsgüter. Nach etlichem Small-Talk, kam wir schließlich darauf zu reden, was uns beiden zugestoßen sei, insbesondere mir. Die Narben an meinem Rücken hielt sie für ziemlich lebensgefährlich und ich konnte es schlecht abstreiten. Ich erklärte ihr, dass wir Gefangene in einem Dämonengefängnis waren und mit viel Glück entkommen konnten. Dabei ließ ich gekonnt aus, wie wir das geschafft hatten, noch erklärte ich wie ich überhaupt in diese Lage gebracht wurde. Doch sie beschwerte sich nicht, hörte meiner Ausführung nur ausführlich zu. "Wie geht es dem Jungen?", fragte ich schließlich nach einer kleinen Pause. Seinen richtigen Namen kannte ich ja nicht und ich wollte ihn vor der Frau nicht Schlitzauge nennen. "Er erholt sich noch, er hat zwar offenen Wunden, aber sein Fieber macht uns zu denken. Bleibt nur zu hoffen, dass der Tee seine heilende Wirkung nicht verfehlt." Ich seufzte, diese Fähigkeit war ein Problem, wenn auch ziemlich nützlich.

Im selben Raum wie sie, nur auf einer anderen Bettstatt, weckte mich ihr Gespräch langsam aus dem tiefen Dämmerschlaf – und ließ mich ziemlich irritiert und orientierungslos zurück. So recht realisieren wo ich war tat ich nicht, ließ ein aufsteigender Erinnerungsfetzen mich dann nur fast in Panik fallen und abrupt aufsetzen. „Eden, wo´s...“ Viel zu abrupt. Mir wurde nahezu sofort wieder schwindelig, hielt mich reine Sturheit halbwegs aufrecht. Wimmern tat ich allerdings, tat es doch weh und war generell nicht die angenehmste Verfassung. Sollte das die Norm sein konnte ich auf diese Fähigkeit gut verzichten.

Die Bauernmagd und ich schreckten zeitgleich auf, als der Junge plötzlich zitternd einem Panikanfall erlitt. Ob das die Folgen des hohen Fiebers war? Da ich selbst nicht aufstehen konnte, ging die Frau zu dem Jungen und drückte ihn behutsam zurück auf das Bett. "Psssh, ist ja gut. Ruh dich aus.", versuchte sie ihn zu beruhigen und legte die Decke wieder anständig über seinen Körper. Auch wenn ich nur stilles Mäuschen spielte, blieb der Name "Eden" haften. In Fieberträumen konnte allerhand vergangenes als Alptraum wiederkehren. Vielleicht war dieser Eden ihm recht nahe. Vergeblich schlussfolgernd, seufzte ich schließlich nur etwas und legte mich selbst wieder zurück ins Bett. Ich war noch lange nicht soweit fit zu sein und die Frau schien das ebenfalls so zu sehen. "Ruh du dich auch noch etwas aus. Ich komme später nochmal rein, um zu schauen ob ihr irgendwas braucht." Und damit verschwand sie auch schon aus dem Zimmer, hinterließ es in einem eher unangenehmen Schweigen, auch wenn ich schlafen wollte.

Ich hatte nicht die Kraft mich zu wehren, war zu desorientiert überhaupt zu realisieren wo wir waren. Was passiert war. Ließ es einfach zu und zog die Decke um mich, drehte mich zur Seite. Brauchte einige Momente blinzeln ehe ich realisierte das das Mädchen ja noch da war und sie anlächelte. „Hey, ich bin übrigens Day... Daniel. Ist wohl doch besser als Timon, mh Krümel?“ So klein war sie natürlich nicht, aber zum einen hatte ich noch Fieber und zum anderen würde es wohl als Spitzname hängen bleiben.

Ich machte mit der Hand von meinem Bett aus eine gespielt abweisende Gestik, drehte mich zu ihm und grinste. "Luna ... aber Krümel hat auch was. Jedenfalls Timon als Spitznamen hast du dir in den letzten Stunden eher weniger verdient. Vielleicht eher Pumba?", triezte ich ihn etwas mit seinem Zustand, nachdem er seine Fähigkeit benutzt hatte. Lahm und Schwerfällig, wenn auch zugegebenermaßen recht kräftig, wenn man bedachte das er mich ein gutes Stück getragen hatte. Den Gedanken verdrängte ich aber schnell und legte mich entspannt ins Kopfkissen. "Ruh dich aus, die Leute hier scheinen keine Bedrohung zu sein und wir können wohl bleiben bis wir wieder fit sind.", erklärte ich unsere Gesamtsituation, solange er noch gesprächsfähig war und nicht wieder in einen Fiebertraum abdriftete. Sicher besser sich hier zu erholen, als draußen in der Wildnis und dann noch ungeschützt. Ich schloss die Augen und versuchte etwas zu schlafen, auch wenn ich mit einem Ohr immer noch zuhörte, falls Day doch noch ein Gespräch weiterführen wollte. Ich für meinen Teil würde es wohl eher am Liebsten auf nach der Erholungsphase verschieben.

Auf ihr sticheln hin grinste ich nur, hatte doch im Grunde mit keinem von beidem etwas gemeinsam. Mal abgesehen von dem ganzem Aussteiger-aus-der-Gesellschaft Ding. In einem normalen Umfeld funktionierte ich einfach nicht. Ich war froh dass es sicher war, hätte ich sie doch nur ungern befreit um gleich in der nächsten Gefahr zu landen, war kein bisschen in der Verfassung das zu wiederholen oder auch nur wegzulaufen. „Gut“ murmelte ich nur, war dann einige Momente still. „Luna und Day... Mond und Sonne, Tag und Nacht... klingt als sollten wir ein Team bilden“ Eine Antwort wäre an mir verloren, sank ich doch kurz darauf wieder in fiebrigen Schlaf, aber ich meinte es so. Alleine war es gefährlich da draußen, das wusste ich jetzt.

Leise musste ich lachen, als er anhand unserer Namen ein Team vorschlug. Es war wirklich ein seltsamer Zufall und als antwort hob ich nur den Daumen nach oben, ohne eine Reaktion abzuwarten. Wie auch ihn übermannte mich die Erschöpfung und ich glitt in einen traumlosen Schlaf über.

Vor dem nächsten Morgen erwachte ich jedenfalls nicht mehr, doch schließlich ging es mir schon um einiges besser. Die Schmerzen hatten halbwegs nachgelassen und auch wenn ich tierischen Hunger hatte, war ich schon deutlich kräftiger und weniger wackelig auf den Beinen.

Ich wollte Day nicht wecken und gleichzeitig auch nicht ohne ihn aus dem Zimmer gehen, auch wenn ich der Frau in soweit vertraute, das es hier sicher war. Fürs erste wusch ich mich gründlich an einem Wassertrog der im Raum stand und schaute mich schließlich um. Die Magd war so freundlich gewesen uns einige Kleider da zu lassen. Ich zog mich in Ruhe an, setzte mich auf das Bett und beobachtete Day beim schlafen, während ich etwas ungeduldig mit der Mütze herumspielte. Hoffentlich ging es seinem Fieber bald besser.

Kleidung:

Besser ging es mir am nächsten Morgen dann auch schon, schlief ich zumindest ruhig. Das ich länger schlief lag einfach an der nur langsam abflauenden Erschöpfung, aber es dauerte dann doch nicht zulange ehe ich blinzelnd aufwachte. Hauptsache weil Luna mich anstarrte und ich diesbezüglich empfindlich war – beruhigend war es irgendwie aber auch zu wissen dass ich nicht alleine war, lächelte ich sie verschlafen an ehe mir die ganze Situation wieder bewusst wurde. Diesmal vorsichtiger setzte ich mich auf, kreiste meine Schultern. „Urgh, wenn das jedes Mal so endet brauch ich es gar nicht weiter versuchen...“ Irgendwie schon schade. Ich mochte diese Fähigkeit. Sie fühlte sich richtig an, anders als alles was man versucht hatte mir in der Schule beizubringen, was ich allein ausprobierte über die Jahre.

Als er aufwachte grinste ich zurück. Jetzt wo es hell war und er mich direkt anschauen konnte, würden ihm sicher die beiden angespritzen Zähne auffallen, die bedrohlich wie ein Dämon mein Gesicht leicht verfinsterte. Vermutlich hatte ich Glück, das noch keiner der Siedler hier etwas davon mitbekommen hatten, denn ich selbst hatte es jedenfalls noch nicht bemerkt. "Vielleicht gibt es da einen Trick? Oder es liegt daran das du mich mitgenommen hast über eine weite Strecke?", überlegte ich nachdenklich, ließ die Mütze an einem Finger elegant kreisen. "Wenn es dir besser geht, könntest du ja mit kleinen Sprüngen anfangen? Teleportation könnte echt nützlich sein. Natürlich nur wenn du das mit dem Team ernst gemeint hast...", lächelte ich und rieb mir verlegen an der Schläfe. Seit ich in dieser Welt war, war ich durchgehend alleine unterwegs gewesen und in der alten Welt war es nicht viel anders. Vielleicht hoffte ein Teil meines Inneren ja darauf, das er doch noch ablehnte und lieber alleine reisen wollte. Dabei fand ich ihn ganz nett.

Was die spitzen Zähne anging so blinzelte ich zwar einen Moment irritiert, kommentierte es aber nicht. Äußerlichkeiten kümmerten mich kaum, sagte das nichts über eine Person aus, war ich auch nicht lange genug in dieser Welt um Dämonen zu kennen und zu fürchten. „Weit?“ echote ich mit Unverständnis im Blick, hatte keinen Schimmer wo wir überhaupt waren. Konnte Entfernung als Konzept in Verbindung mit meiner Fähigkeit schlicht nicht begreifen. „Das sind keine Sprünge, das ist nur ein... Schritt. Seitwärts. Anders-seitwärts.“ Egal wie weit es ging, für mich war es nur ein Schritt. Fühlte sich nur komisch an. „Und klar hab ich das ernst gemeint. Augenscheinlich muss ich ja irgendwann schlafen und mitten in der Wildnis macht sich das nicht so gut.“

"Ja, weit.", wiederholte ich mich. Diese Annahme basierte zum Großteil darauf das wir an der Oberfläche waren, ohne Dämonen in der Nähe und weg von Zellenwände in dem unterirdischen Gefängnis. Aber da war auch etwas anderes. Fast als würde mein magisches Gespür eine Art grobe Annahme erstellen. Schwer zu erklären und noch schwerer zu belegen, weshalb ich bei der ersten Erklärung blieb. Seiner Erklärung zur Fähigkeit nahm ich zu den Akten. Aufjedenfall eine sehr seltsame Magieart. Wobei ich noch nicht lang genug hier war um eine Magie als seltsam kategorisieren zu können. "Hast du denn ein Ziel wo du jetzt hin willst?", wollte ich wissen. In Gefangenschaft vergaß man sowas schnell, doch ich hatte das ursprüngliche Ziel immer noch im Kopf, wo ich hin wollte. "Ich für meinen Teil will nach Eriston. Das ist die Hauptstadt dieses Landes. Dort gibt es eine Akademie für Magier, wo ich Magie studieren will. Vielleicht kann man dir da auch mehr zu deinen Fähigkeiten sagen?", überlegte ich nachdenklich. Zumindest wüsste ich von keinem anderen Ort wo man sich mit Magie auskannte.

Das es weit gewesen war nahm ich schlicht so hin, konnte es doch nicht nachvollziehen ohne dass jemand es mir auf der Karte zeigte. Und ein Ziel hatte ich schon vorher nicht gehabt, zuckte leicht mit den Schultern. „Was zu essen. Ein neues Messer. Decke zum unterwegs schlafen. Und dann schau ich einfach wo ich lande.“ Hieß auch dass ich genausogut mit ihr reisen konnte. Vielleicht konnten die ja tatsächlich helfen. „Versuchen wirs.“ Vorher brauchte ich aber eine Mahlzeit, wollte sehen wie es um meinen Körper stand. Nochmal teleportieren kam nicht in Frage, ganz davon abgesehen dass ich es kaum kontrollieren konnte.

"Wo wir schon von essen reden ... es rieht hier verdächtig nach Eintopf.", behauptete ich, die Nase in die Luft gehoben und schnüffelnd wie ein Spürhund. Bisher hatte ich immer noch nicht bemerkt, dass meine Sinne stark geschärft waren, zumindest was den Geruchssinn anging und Daniel es vermutlich nicht roch. Das würde sicher noch ein paar Mal öfters passieren, doch für den Moment knurrte mein Magen so stark, das ich nicht einmal über sowas triviales nachdachte. "Mal schauen ob wir was ergattern können. Füg deiner Liste noch ein Pferd hinzu ... außer du hast vor den kompletten Weg zu Fuß zu maschieren?" Abgesehen davon das ich nicht mal wusste wo genau wir waren, gab es keine Garantie das es hier Pferde gab oder man uns überhaupt eins geben würde. Dennoch führte ich den Punkt an, einfach nur, damit wir es im Hinterkopf behielten. Ich stand vom Bett auf, schwang mit einer eleganten Fingerbewegung mir  die Mütze auf den Kopf und ging mit dem Händen in den Jackentasche zur Zimmertür.

Den Eintopf roch ich nicht, doch im Grunde war es mir egal, würde ich mich auch mit Brot begnügen. Meine Fähigkeit war definitiv auslaugend, ein weiterer Minuspunkt. Was nützte es mir überall hin zu können wenn ich danach fürchten musste längere Pflege zu benötigen? „Ja?“ entgegnete ich leicht irritiert. Was hatte sie den gedacht – die Leute hier konnten sicher keins für wahllose Wanderer entbehren, jedenfalls keins dass uns etwas nützen würde. Und ich für meinen Teil hatte nicht vor einfach irgendwo zu bleiben. Ganz so leichtfertig stand ich nicht auf, schwankte eher einen Moment bis ich stur den ersten Schritt machte und ihr folgte, nichts weiter mitnehmend als die einfachen Sachen in die man mich gesteckt hatte. Letzten Endes besaß ich sowieso nichts. Fast instinktiv überließ ich ihr die Führung, vertraute dem fremden Mädchen.

Ich beantworte seine irritierte Reaktion mit einem kichern, sagte aber nichts mehr dazu. Eher unbewusst übernahm ich schließlich die Führung durch das Bauernhaus und schnell stellte sich heraus, das wir in einem Zimmer im oberen Geschoss untergebracht worden waren. Eine Treppe führte in einen großangelegten Wohnbereich, wo sich bereits eine Gruppe Männer, die gutmütige Magd und ein kleines Mädchen eingefunden hatte. Sie schienen uns nicht zu bemerken. "Ich sag wir ziehen weiter nördlich. An der Grenze zur Ostmarsch ist es einfach nicht mehr sicher, seht ihr das denn nicht?", protestierte einer der Männer, im mittleren Alter mit einem ziemlich ungepflegten Bartwuchs. Er wirkte weniger wie ein Bauer, trug er einen Lederharnisch und ein großes Breitschwert am Gürtel. "Beruhige dich, Mav. Wenn wir jetzt losziehen, sind wir Ihnen schutzlos ausgeliefert. Hier ist es am sichersten bis zum Sommer, wenn die Tage wieder länger werden.", argumentierte ein älterer Mann dagegen. Der Kleidung zu urteilen der Gutsherr des Bauernhofes. Bevor wir jedoch weiteres von dem Gespräch mitbekamen, begrüßte uns die Hausherrin freundlich und schmuggelte uns an der Gruppe vorbei in ein seperates Esszimmer. "Setzt euch bitte, ihr seid sicher hungrig." Der Geruch des Eintopfes lag nun ziemlich stark in der Nase und mein Magen knurrte etwas, als ich mich auf einen freien Stuhl setzte. Die Dame ließ uns allein, um das Essen zu holen. "Schätze es ist keine gute Idee hier länger als nötig zu bleiben. Offensichtlich sind es zwar nette Menschen, aber ihre Uneinigkeit wird noch zu ihrem Ende führen.", richte ich mich an Day mit gesenkter Stimme. Pferde konnten wir vergessen, mit der Decke könnten wir Glück haben, doch eine Waffe und sei es auch nur ein Messer hatten diese Leute sicher um ein hundertfaches nötiger als wir.

Auf der Treppe fiel ich wieder ein Stück zurück, ging es einfach vorsichtiger an weil ich nicht riskieren wollte wieder zu fallen. Bleiben wollte ich nämlich ganz sicher nicht, unabhängig davon dass es hier Zwist zwischen den Bewohnern gab und es draußen gefährlich war. Lieber vertraute ich meinen Fähigkeiten als ein paar Bauern. Noch war mir diese Welt auch nicht vertraut genug um eine Meinung zu haben oder mich einzumischen. Vorläufig konzentrierte ich mich darauf etwas zu Essen zu bekommen. Die Sachlage bezüglich irgendwelcher Utensilien fiel mir auch auf, wanderte deswegen vom Besteck auch ein Messer in meinen Hosenbund. Würde schon keiner vermissen und war besser als gar nichts. „Wo ist es schon anders“ murmelte ich zurück, bediente mich dann aber großzügig am Eintopf nachdem ich die Dame angelächelt und mich bedankt hatte.

"Tja, bleibt nur zu hoffen das die Hauptstadt da etwas mehr zu bieten hat.", erwiderte ich und bedankte mich anschließend ebenfalls bei der Hausherrin, ehe ich zu essen begann. Der Eintopf an sich war nichts besonderes, doch durch den tagelangen Nahrungsentzug glich dieser Eintopf einem Festmahl für Könige. Die Dame ließ uns schließlich auch alleine essen, vermutlich um sich der Unterhaltung mit den Gästen in der Wohnstube anzuschließen. Da der Topf mit dem Essen mitten auf dem Tisch auf einigen Untersetzern stand, füllte ich meine Schale ein zweites Mal auf, ehe ich gesättigt im Stuhl zurück sank. So satt war ich seit Wochen nicht. "Wann brechen wir also auf? Jetzt gleich? Wir könnten uns auch nächste Nacht davon stehlen, wenn da nicht dieses klitzekleine Dämonenproblem bestünde.", seufzte ich etwas. Außerdem, nach allem was diese Menschen für uns getan hatten, wollte ich nicht so unhöflich sein und einfach ohne Verabschiedung gehen.

Hauptstädten traute ich nicht ganz, hatten die oftmals doch nur mehr Aufmerksamkeit, nicht zwangsläufig mehr zu bieten. So lange wie Luna hatte ich auch nicht gehungert, war auch daran gewöhnt, doch wenn wir aufbrachen könnte Nahrung knapp werden, also langte ich ebenfalls tüchtig zu, saß dann im Schneidersitz auf dem Stuhl. „Zumindest eine Decke sollten wir uns erbitten, die Nächte draußen können kalt werden... vielleicht ein Kanten Brot“ Leicht zuckte ich mit den Schultern. „Würd dann aber schon heute aufbrechen.“ Die waren sicher froh uns loszuwerden und wir schafften das schon irgendwie. Zu zweit war es leichter. Und im schlimmsten Fall könnte ich immer noch versuchen uns direkt in die Hauptstadt zu bringen, hoffend dass die mich dort schon wieder herstellen könnten.

"Dann gehen wir besser, solange es noch hell ist. Diese Dämonen werden sicher hauptsächlich in der Nähe von Siedlungen herumlungern, daher wäre ein abgeschiedener Pfad sicher die besten Option.", überlegte ich. Leider besaßen wir keine Karte und ich konnte mir nicht vorstellen, dass eine Bauernfamilie so etwas besaß. Dann schon eher diese bewaffneten Leute, doch mit denen wollte ich eigentlich so wenig zu tun haben wie nur irgend möglich. Ich aß den Eintopf genüsslich zu ende, bis ich vollkommen gesättigt war und wartete dann auf Day, bis er ebenfalls fertig gegessen hatte. Die Teller räumte ich selbst zusammen und wollte damit Richtung Küche, drehte mich aber nochmals um. "Ich kümmer mich um die Vorräte, versuch du in Erfahrung zu bringen, welchen Weg wir nehmen müssen.", lächelte ich ihm zu und verschwand mit dem Geschirr, um es der Hausdame in der Küche zu bringen und bei Gelegenheit gleich nach einer Decke und etwas Proviant zu fragen.

„Ist keine Garantie, aber weiter draußen sind deutlich weniger“ stimmte ich zu. Mein Problem war ja eher gewesen dass es allein schwer war Wache zu halten, man im Schlaf viel zu leicht die Barriere überschritt und dann natürlich auch nicht mehr sicher war. Zu zweit würden wir das schon schaffen, spielten uns bereits jetzt gut aufeinander ein. Viel länger als sie aß ich auch nicht, nickte auf die Anweisung hin schlicht. Zwar hatte ich ein relativ gutes Ortsgefühl, aber etwas mehr Info konnte nicht schaden. Nur mit den bewaffneten Leuten wollte ich auch nichts zu tun haben, blieb nur eine Weile leise am Rand und lauschte ihrem Gespräch ehe ich nach draußen trat und mich dort zu ein paar Kindern setzte. Die hörten oft deutlich mehr als die Erwachsenen und waren redseliger ohne zu viele Fragen zu stellen. Spielerisch, mit ein paar Geschichten und Tricks im Gegenzug, schaffte ich es ihnen eine grobe Karte zu entlocken, gezeichnet auf den Boden. Spielte keine Rolle, konnte ich es mir doch auch so merken. Da ich ansonsten nichts besaß außer dem Messer dass ich eingesteckt hatte, wartete ich direkt draußen. Kein Grund unnötig Energie zu verschwenden.

Es vergingen einige Minuten, ehe ich aus dem Haus trat und die Tür hinter mir schloss. In einer Hand hielt ich einen Jutebeutel, gefüllt mit dem, was die Dame uns erübrigen konnte: Ein ganzen Laib Brot, ein sechstel Stück Käse und zwei Maiskolben. Bei Rationierung würde das locker für einige Tage ausreichen. Auf meinem Rücken hingegen war festgeschnürrt ein Stoffbündel, eine Decke aus Tierfell. Auf Anhieb sah es etwas überdimensioniert aus, was aber nur daran lag, dass das Fell so dick war. "Hier fang.", meinte ich zu Day und warf ihm zielsicher den Jutebeutel zu, damit ich nicht alles tragen musste. Außerdem konnte er sich diesen dank der Schnüre auch selbst wie ein Rucksack über den Rücken binden. "Irgendwie fühle ich mich schlecht dabei, das alles anzunehmen, denen geht es ja selbst nicht so gut. Ich hab mich jedenfalls für uns beide bedankt und verabschiedet.", informierte ich ihn kurz und richtete die Mütze auf meinem Kopf zurecht. "Schon erfahren wo es lang geht?"