Limit - Spiel um dein Leben

"Ich weiß einfach gar nichts..." meinte ich niedergeschlagen, ließ mir jedoch helfen, aufgeben würde ich nicht, denn ich hatte Angst er würde dann wieder von der Schule fern bleiben und somit wäre meine letzte Lebensstütze dahin. Die Glocke ertönte, noch bevor ich die Aufgabe zuende rechnen konnte und der Unterricht begann von neuem. Der Tag war langweilig, trist und ich verstand nichts von den Aufgaben, aber glücklicherweise hatte ich ja Chang. Die Schule endete dann glücklicherweise doch recht schnell und wir befanden uns wieder im Bus. "Kann ich heute wieder bei dir übernachten? Aber nur wenn du es möchtest..." erklärte ich leicht nervös, denn oben bei mir war es so einsam und mittlerweile konnte ich seine Wohnung schon mehr zuhause nennen als sonst.

Obwohl Miku scheinbar nichts verstand gab ich nicht auf ihr alles geduldig zu erklären. Im Unterricht machte ich dann das gleiche wie vorher, erst schnell alle Aufgaben lösen und mich dann interessanterem widmen. "Klar" meinte ich nur als sie fragte ob sie bei mir übernachten durfte und lächelte. Ich hatte gern Gesellschaft außerdem machte es mir nichts aus und ihr tat es auch gut. Zudem konnte ich ihr dann bei den Hausaufgaben helfen  und ihr alles erklären.

Ich freute mich, dass er zusagte und stieg mit ihm aus dem Bus, als wir unsere Haltestelle erreichten. Es wurde langsam dunkel, als wir so unserem Heimweg entlang liefen und schließlich die WG erreichten. "Ich geh kurz ein paar Sachen holen, komme gleich..." erklärte ich lächelnd und lief in meine eigene Wohnung, packte ein paar frische Anziehsachen ein, ehe ich wieder hinunter lief und mich an die Hausaufgaben setzte. "Das kann ja heiter werden..." seufzte ich leise, eher zu mir selbst, als zu Chang.

Ich wartete in der Wohnung bis Miku mit ihren Sachen wieder kam und sich an die Hausaufgaben setzte. "Fang schon mal an, ich geh noch was fürs Abendessen einkaufen" meinte ich zu ihr und war kurz darauf schon gegangen. Helfen konnte ich ihr später immer noch und langsam musste sie es ja mal alleine verstehen...außerdem brauchte ich noch Zeug zum Kochen wenn sie jetzt bei mir schlief.

"Alles klar, machs gut..." meinte ich lächelnd, aber dennoch angestrengt über den Hausaufgaben sitzend. Ich hatte ein schlechtes Gefühl das Chang nun ging, aber vermutlich lag das nur daran, das ich nun hilflos an dieser Aufgabe verzweifeln musste. Ich schaute mir die Formeln genau an, nahm das Lehrbuch zu Hilfe und fing mit dem kritzeln an, auch wenn der neu gewonnene Enthusiasmus nicht lange halten würde...

Ich ging zu meinem üblichen Laden, wofür ich den Park durchqueren musste und holte dort alles was ich brauchte um richtig schön Spaghetti mit Soße zu kochen. Auf dem Rückweg beeilte ich mich, da es schon dunkel war und ich Miku nicht zu lange allein lassen wollte. Nur geriet ich auf dem blöd angelegten, schiefen Weg ins Rutschen, verlor mit den Rädern den Halt und schlitterte auf eine Treppe zu die ich letztendlich hart und mich mehrmals überschlagend hinunterstürzte. Bewusstlos, mit ein paar Brüchen und einer schweren Kopfwunde blieb ich in der Kälte liegen.

Das Papier auf dem ich schrieb füllte sich mit etlichen Berechnungen und ich vergass dabei völlig die Zeit. Als bereits eine Stunde verging machte ich mir allmählich Sorgen um Chang, er war doch sonst nicht so unpünktlich. Ich griff reflexartig zum Handy, realisierte jedoch, dass ich nicht mal seine Nummer hatte...ich wusste ja nicht mal ob er ein Handy besaß. Nach kurzer Überlegung zog ich mir Schuhe und Jacke an, ehe ich nach draußen in die Dunkelheit ging und den Weg in Richtung des nächsten Ladens abging. Irgendwo musst er ja stecken. Ich bog um eine Ecke und blieb erschrocken stehen...ein Krankenwagen mit angeschaltetem Blaulicht stand am Gehweg und jemand wurde in den Wagen verladen, während ich nur knapp den kaputten Rohlstuhl am Rande erkannte. Fassungslos lief ich los und mit jedem Schritt wurde mir das Ausmaß deutlicher...Chang...warum? Ging es ihm gut? Als die Sanitär mich sahen und ich versicherte Chang zu kennen, nahmen sie mich mit. Verzweifelt schaute ich auf den blutverschmierten Kopf und hoffte er würde es überstehen.

Ich hatte noch Glück das mich bald jemand am Wegrand entdeckt und den Krankenwagen gerufen hatte, sonst wäre ich wegen der Kälte wohl bald gestorben. Dennoch standen meine Chancen nicht gut, ich wurde sofort in die Notaufnahme gebracht aber an dem Koma in das ich gefallen war konnten auch die Notoperationen nichts ändern. Zwar hofften die Ärzte das ich wieder aufwachen würde, sagten Miku aber auch das es recht unwahrscheinlich war, bei meiner medizinischen Vorgeschichte. Möglicherweise waren noch mehr wichtige Nerven beschädigt, das konnte man nicht genau sagen.

Verzweifelt wartete ich im Warteraum auf das Ergebnis der Operation. Chang schien in ein tiefes Koma gefallen zu sein und die Ärzte teilten mir mit, wie schlecht die Chancen doch um ihn standen. Als sie endlich mit ihm fertig waren und ich auf sein Zimmer durfte, setzte ich mich schluchzend neben ihn, stunden, Tage, vielleicht sogar Wochen. Ich vernachlässigte die Schule, hatte mein Leben nicht mehr vor Augen, sondern war nur noch im Krankenhaus anzutreffen, wo ich nicht von Changs Seite wich. Ich wollte die Hoffnung nicht aufgeben, er war der Einzige, der meinem Leben noch einen Sinn gegeben hatte...was konnte ich nur ohne ihn tun?

Es stand wirklich schlecht um mich, denn ich wachte tatsächlich nicht mehr auf. Zwar lief mein Körper irgendwie noch so halb von selbst weiter, aber ich kam nicht zu Bewusstsein, bekam nicht mal mit das Miku da war. Ihr stand überdies Jan bei, der sie schon vorher gemocht hatte und sich jetzt liebevoll um sie kümmerte, ihr zu Essen ins Krankenhaus brachte und dafür sorgte das sie genug Schlaf bekam. Er bewies in dieser Zeit wirklich das er sie mochte und immer für sie da sein würde, egal was passierte. Und ich? Ich starb nach etwa 3 Wochen im Koma friedlich im Schlaf...

Es waren Wochen voller Kummer und ich vermochte nicht zu sagen wie traurig ich war. Er war mein ein und alles gewesen, ein Teil meiner Seele. Und doch war ich nicht allein. Jan, welcher zuvor noch so abweisend war, kümmerte sich jeden Tag um mich. Ein letzter Stützbalken, eine letzte Hand vor dem Abgrund. Drei Wochen später starb mein geliebter Rollstuhlfahrer und für mich brach die Welt komplett zusammen. Ich nahm eine Therapie und zusammen mit Jan bewältigte ich Selbstmordversuche und Selbstverletzung. Wir liebten uns. Chan würde immer einen Platz in meinem Herzen haben...doch das Leben ging weiter. Er hatte mir eine wichtige Lektion erteilt...gebe niemals auf!

ENDE