Arcaria - 4.2.2

Das Dorf kam schnell näher und ich bemerkte ebenfalls die Runen, die im Dunkel zu pulsieren schienen. Bei meinem erster Besuch in einem Dorf waren mir die Runen ebenfalls aufgefallen, doch ich hatte sich nur als Kunst abgetan - schienen sie doch nur bei Nacht zu leuchten.

Als wir die Schwelle passierten presste etwas grob gegen meinen Brustkorb und ich zog die Luft scharf ein. Meine Kräfte verließen mich kurzzeitig und ich fühlte mich extrem schwach. Erst als die Schwelle hinter uns lag kam ich wieder zu mir und atmete tief durch. "Was zur Hölle...?" Meine Augen starrten auf die Runen, dann schüttelte ich mit dem Kopf. Es war offensichtlich, was das Gefühl ausgelöst hatte, doch ein Blick auf meine beiden Begleiter versicherte mir, dass beide keine negative Reaktion auf die Barriere hatten. "Zukunfts-Ich muss Runen studieren wie mir scheint."

Goro verließ uns rasch in Richtung Taverne, was mich nicht wirklich überraschte nachdem ich wusste wie sehr er doch unser Pferd mochte. Ergo übernahm ich die Aufgabe, nur um kurze Zeit später von einem Stallburschen abgelöst zu werden, der aus dem Gebäude gelaufen kam. Netter Service.

Ich betrat die Taverne und setzte mich neben Goro, einen Beutel auf den Tisch werfend. Keine Ahnung wie viel da drin ist. Meine Ausbeute von meinem ersten Besuch in einem Dorf und die Ersparnisse meines Kidnappers...", erklärte ich ungeniert und versuchte gleichzeitig mit diverse Handzeichen Day zu signalisieren, dass er nicht die halbe Pferdekutsche mit sich schleppen musste.

Ich saß zum Glück nicht lange alleine. Kurze Zeit später gesellte sich Pan, mit einem Beutel zu mir. Und auch nur einen Augenblick darauf sah man Day. Er erinnerte mich an diese typischen Kneipenverkäufer. Nur die versuchten ihren Ramsch an betrunkene zu verhökern.
Der Anblick amüsierte mich sehr, brachte mich aber auch gleich auf eine neue Idee. "Ich wette, dass wir den Plunder hier loswerden. Wozu Geld verschwenden, wenn wir mit zwei oder drei wertlosen Sachen ans gleiche Ziel kommen?" Flüsterte ich Pan zu und versuchte ihre Anweisungen an Day zu unterbinden. Dieser Plan würde wohl oder übel auf Kosten der Wirte gehen, aber ich wusste nicht, was uns in der Zukunft erwartete.
Der Lederbeutel, welcher so offen auf dem Tisch lag, blieb natürlich nicht unentdeckt. Das junge Mädchen trat bereits mit Essen und Bier an unseren Tisch. Dabei hatten wir noch nicht einmal was bestellt...
"Ist das sone Abzocke?" Fragte ich, als man uns bedient hatte. Das Mädchen blickte mich jedoch nur erschrocken an. Ihr Blick wanderte zum Wirt und anschließend zu Pan und Day. Noch immer bekam ich keine Antwort. "Scheißegal." Antwortete ich anstatt ihrer und probierte einen kleinen Schluck vom Bier. Dieses Mal würde ich nicht so blauäugig sein. Das Gebräu schmeckte sehr wässrig. Fast schon eklig. Von Bier hatten diese Leute echt keine Ahnung.
Dafür sah das Kesselfleisch umso besser aus. Gut durch und mit einer tief braunen Soße und Wurzelgemüse bedeckt.

Die beiden brauchten gar nicht so schauen. Viel hatte ich gar nicht mit rein gebracht, wusste wie das sonst wirkte. In den Straßen Indiens gab es mehr als genug fahrende und laufende Händler. Außerdem war in dem Plunder nicht so viel wertvolles dabei, aber für eine Mahlzeit sollte es genügen. Dementsprechend ignorierte ich Pans Handzeichen geflissentlich und gesellte mich an den Tisch zu ihnen. Wobei das tatsächliche feilschen gerne jemand anders übernehmen konnte. War doch nicht hier für die gleichen Routinen wie daheim.

Goro war anscheinend auch noch nie in einem Gasthaus gewesen, wo es nur ein Gericht zur Wahl gab und jeder wusste, dass man nicht herkam um Freunde zu treffen. Wir waren spät in der Nacht angekommen und hatten keinerlei Gepäck, saßen an einem Tisch, was sonst konnten wir wollen? Dem Bier traute ich allerdings nicht. Gab genug die sonst was in ihr eigenes Gebräu mischten, aber wenn er nicht von seiner vorigen Erfahrung lernen wollte... „Ich nehme einen Tee.“ informierte ich die Dienstmagd. „Eine Tasse heißes Wasser mit einem Schuss Wein, falls ihr sonst nichts habt.“ Wer keinen Tee hatte, dürfte auch keine Kräuter haben um selbst welchen zu machen.

Ich zuckte mit den Schultern, fand Goro's Idee jedoch gut genug, dass ich den Beutel rasch wieder an meinem Gürtel verschwinden ließ. Magie zu studieren wurde langsam wichtig, würde ich zuerst eine Möglichkeit suchen wie ich mein neues Eigentum verstauen konnte ohne damit dauernd herumzutrotten und der Gefahr anheim zu fallen etwas zu verlieren.

Als Goro fragte ob dies eine Abzocke sei, lehnte ich mich leicht zu ihm hinüber, eine Hand an eine Wange gelegt als wolle ich ihm etwas wichtiges flüstern. "Pssch, ich denke es ist einfach in der Funktion einer Taverne verankert, Speis und Trank zu bekommen sobald man sich hinsetzt." Meine Augen funkelten verschmilzt, während ich wartete das Day sich setzte und seine Bestellung aufgab.

Unauffällig schob ich den Krug mit Bier zu Goro, offensichtlich auf die gleiche Idee kommend wie Day - immerhin war ich bereits Opfer gewesen, dass ich nicht wirklich scharf darauf war noch einmal das Licht ausgeknippst du bekommen. Das Essen probierte ich kurz, überlegend ob etwas ungewöhnlich darin schmeckte, doch als ich nichts fand haute ich rein. "Keine Sorge, ich vertick das Zeug irgendwie. Hab' nen Händchen dafür. Nur nicht hier in der Taverne...", mutmaßte ich, meine Möglichkeiten abschätzend. Davon abgesehen, dass die das Zeug vermutlich nicht gebrauchen konnten - ein Gemischwarenhändler oder ähnliches würde bessere Ergebnisse erzielen. Davon abgesehen bestand meine normale Feilsch Methode darin meinen Charm spielen zu lassen und der Wirt war nicht gerade ein optimales Ziel solang seine Frau herum streifte. Ein Blick hatte genügt um zu sehen wer die Hosen in der Beziehung an hatte...

Den Beutel antippend grinste ich. "Solang geb ich einen aus." Ich unterdrückte dabei das plötzlich aufkommende Gefühl des Unwollens. Als würde ich so sehr an dem Geld hängen, pah. War vermutlich nur ein langer Tag.

"Lass stecken." antwortete ich genervt auf Pans Hohn. Sie hielt mich wohl für dumm. Wenigstens packte sie den Beutel wieder ein. Es kamen schließlich noch ein paar Reisende herein, die sich ebenfalls am Tisch niederließen und bedient wurden.
Kurz darauf brachte man die nachbestellten Getränke. Das schale Bier blieb dann wohl für mich. Großherzig wie ich war, nahm ich mich den übrigen Krügen an. Der Alkohol war aber so schwach, dass ich wirklich nicht viel davon spürte. Außer dem Gefühl eines übervollen Wasserbauches. "Bist du des Wahnsinns, noch eine Nacht mit diesen teuren Handelsgütern durch den Wald zu reisen?! Der letzte Überfall ist noch keine Stunde her und du willst weiter daran festhalten?!" Tat ich ängstlich, als wären die ollen Teile ein Fluch, den man nur wieder willig bei sich haben wollte. "Auch deine großzügige Geste macht das Elend, dass man mir tat, nicht ungeschehen." Fügte ich an, als sie anbot zu bezahlen. Daraufhin ließ ich mir mit Freuden einen Wein servieren.

Den Becher kreisend, lehnte ich in meinem Stuhl und dachte darüber nach, wie das hier nun weiter gehen sollte. Ein Leben im Mittelalter und da war ja noch diese Magie. Ob die Leute hier was darüber wussten? Als die junge Bedienung wieder an den Tisch kam, fragte ich nach Unterhaltung. Ein Kartenspiel, ein paar Würfel. Sowas halt. Doch anstatt einer Antwort, bekam ich einen üblen Blick von der Wirtin. Ratlos sah ich meine beiden Begleiter an, um dann den Wirt direkt nach einem Würfelspiel und Karten zu fragen. Darts schien es hier ja nicht zu geben, ebenso wenig wie Billard oder Pferdewetten. Die Lage entspannte sich zum Glück wieder und man reichte mir ein paar geschnitzte Würfel. Verzückt ließ ich sie durch meine Finger rollen und bestellte ordentlich nach. Zu gütig. Bedankte ich mich, mit einem Kopfnicken.

Zumindest hatte ich jetzt genügend Aufmerksamkeit erzeugt. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis mein Zustand einen Gauner anlocken würde, der das schnelle Geld suchte. Und genau das machte mich richtig wild. Flecken auf dem Tisch reizten mich zwar auch, aber eher auf die uncoole Art.

Für den Moment war ich froh dass es hier wohl doch Tee gab. Nicht den besten, nicht ansatzweise richtig aufgebrüht, aber ich traute dem heißen Wasser doch mehr als irgendeinem Gebräu von Alkohol. „Wer sagt denn was von nachts? Wir können wohl alle ein paar Stunden Schlaf vertragen.“ Auf dem Heuboden beim Wagen, wenn es sein musste. Vorläufig aber etwas zu essen, umschauen und vorallem umhören was hier üblicherweise so vor sich ging. Es schien niemanden groß zu interessieren, dass wir erst so spät kamen, trotz der Monster draußen. Von denen mussten die doch wissen, oder?
Goro schien langweilig zu sein, wenn er schon nach Würfeln fragte, aber ich ging darauf ein. Würde vielleicht mehr Leute anlocken mit denen um die Waren gefeilscht werden konnte. „Bester aus 3 Runden?“ fragte ich. Wir hatten zwar nicht wirklich etwas zum wetten, aber was störte das schon.