Saeculum - Maledicat Pristis

Leise meinte ich: "Es war nicht deine Schuld..." man merkte mir an das ich lange nicht gesprochen hatte, meine Stimme hörte sich wieder so rau an wie als wir uns das erste mal begegnet waren. Miku sag aus als ob sie jeden Moment wieder weinen wollte, sie trat auch wieder ein paar Schritte weg. Ich wollte sie nach all den Wochen nicht noch mal verlieren, deshalb überwand ich meine Berührungsscheu und nahm sie zaghaft in den Arm, hinderte sie so auch am hinfallen. "Geh nicht..." flüsterte ich nur, hielt sie leicht fest und schämte mich gleichzeitig dafür das ich so schmutzig war und total verwahrlost aussah.

Ich nickte vorsichtig und ließ mich umarmen. Er wollte mich also doch hier haben und ich selbst empfand das selbe genauso für mich.
"Okay...ich bleibe..." flüsterte ich zurück und umarmte ihn kräftiger, ignorierte dabei jedoch wie dreckig er doch im Moment war. Lächelnd, aber dennoch mit Tränen in den Augen versuchte ich die Situation positiv zu sehen.

Sanft strich ich Miku übers Haar, schaute ihr in die Augen und betrachtete sie. Im Gegensatz zu mir sah sie ordentlich aus und nicht wie ein Landstreicher...oder ein verwahrlostes Tier. Aber so ähnlich verhielt ich mich ja auch, diese Prüfung die wahrscheinlich beweisen sollte das ich Mensch war hatte nur dafür gesorgt, dass der Wolf stärker hervorkam. "Verzeihst du mir...?" fragte ich leise, sie war ja jetzt ein Jäger das hatte ich an der Kleidung erkannt. Wahrscheinlich nahm sie es mir immer noch übel und verstand auch nicht warum ich so gehandelt hatte...ich war mir ja selber nicht sicher, nach diesem Eingesperrt sein, dem ganzen Gereizt werden, dem Fieber und vor allem dem Schmerz durch die Verletzungen von dem Silber konnte ich nicht wirklich klar denken...das ich mich dann noch hatte rechtfertigen müssen vor Leuten die mich so oder so hassten tat sein übriges.

Ich lächelte ihn leicht an, mit einer Hand die Tränen wegwischend.
"Es gibt nichts zu entschuldigen..." Ich umarmte ihn noch ein Stückchen fester, wollte das Ganze von damals vergessen und genoss grade wenigstens etwas die Geborgenheit.
Aber was jetzt? Ohne das er sich beweisen würde, würde er schlecht unter den Rebellen aufgenommen werden...und ich wollte nicht, wie Conri einst, entscheiden müssen zwischen den Dorfbewohnern und dem jungen Magiewesen.

Ich war froh Miku wieder zu haben und glücklich das sie mir nichts vorwarf, aber was sollte jetzt werden? Hier bleiben konnte ich nicht viel länger, den Dorfbewohnern war es offenbar schon aufgefallen das ich hier lebte, sonst hätten sie sich nicht an einen Jäger gewandt. Aber zurück in das Dorf wo Miku wohl inzwischen lebte konnte ich auch nicht, ich hatte ja die Prüfung nicht bestanden...und ich wollte nicht das sie auch gezwungen sein würde eine unmögliche Entscheidung zu treffen, auch wenn sie dann wahrscheinlich nachempfinden könnte wie es mir ging. Doch nach dem was bereits passiert war wollte ich ihr das nicht auch noch antun.

"Du kannst immernoch zu uns kommen...ich hab die anderen Jäger überzeugen können, das du eine letzte Prüfung machen darfst..." Innig hoffte ich er würde auf mein Angebot eingehen, ich mochte ihn und wollte ihn nicht verlieren. Das es mich viel gekostet hatte dies bei den Jägern auszuhandeln, sagte ich nicht. Er sollte sich selbst entscheiden und sich nicht von meinen Opfern dafür beeinflussen lassen.

Es war wirklich lieb von ihr das sie mir so ein Angebot machte, nur würde es das wert sein? "Ich würde gerne mitkommen, aber..." Zögernd ließ ich sie los, schaute zu Boden und zupfte an meinem Mantelsaum rum. "Miku, ich bin es leid...ich will nicht mehr irgendwas beweisen müssen..." Jetzt schluchzte ich doch, verkrampfte meine Hände um den Stoff und flüsterte mehr zu mir selbst: "Die tun mir nur weh...und fragen irgendwas das ich nicht beantworten kann..." Ich wollte das nicht...ich hatte Angst davor was sie mir diesmal antun würden und das ich es doch nur falsch machen würde. Mit bebenden Schultern stand ich da, schaute zu Boden und versuchte nicht zu weinen. Vielleicht hätte ich anders reagiert wenn es das letzte Mal besser gelaufen wäre, aber so hatte ich nicht mal genug Vertrauen in die Menschen um mich ihnen überhaupt zu zeigen.

"Du musst nur eine Prüfung bestehen, die die du letztes mal nicht bestanden hast...und man wird dir nicht tun...ich persönlich werde deine Prüfung leiten" Ich versuchte ihn aufzumuntern indem ich nach seinen Händen griff und sie sanft festhielt. Ehrlich gesagt war es die Bedingung des Rates gewesen, das Conri überhaupt eine zweite Chance erhielt. Die Aufgabe war mir noch nicht bekannt doch würde es Conri in irgendeiner Form schaden, so würde ich ihn auf der Stelle da raus bringen und das Dorf verlassen...das war ich ihm einfach schuldig.

"Ich kann das nicht..." schluchzte ich und drückte fest ihre Hand, zu tief saß die Angst zu versagen oder verletzt zu werden. Und wenn ich es nicht schaffte, wo sollte ich denn dann hin...ich hatte doch keinen Ort wo ich sonst hin konnte und Miku müsste ich dann auch verlassen. Doch was ich noch fürchtete war das man mich zwang eine Wahl zu treffen zwischen Mensch und Wolf...diese Entscheidung konnte ich nicht treffen, das war einfach unmöglich.

Ich nickte nur bedrückt und betrachtete die Tasche die er immer noch um sich gelegt hatte.
"Ich kann und will dich ja auch nicht zwingen...wie könnt ich auch nach allem was passiert ist. Ich werde warten bis du eine Entscheidung getroffen hast..." lächelte ich eher traurig und löste mich von seinem Griff. Ich unterdrückte krampfhaft das ich erneut weinen musste und pfiff nur einmal laut, sodass ein Pferd angeritten kam, auf das ich aufsetzte.

Ich war froh das sie mich nicht zu überreden versuchte...aber das hatte sie ja auch in Stadt damals nicht gemacht. Als sie laut pfiff zuckte ich zusammen, der Ton tat in den Ohren weh, dann trabte auch schon ein Pferd an. Was sollte ich aber tun...wenn Miku erstmal weg war würde ich nie zu einer Entscheidung kommen und alleine traute ich mich auch nicht ins Dorf. "I-ich...versuch es...." meinte ich nur leise, auch wenn ich jetzt schon Angst davor hatte was die Prüfung sein würde. Und wenn ich diesmal auch versagte würde ich mich gänzlich zurück ziehen und mir irgendeinen Platz suchen wo ich nie mehr einem Menschen begegnen würde.

Unglaubwürdig, misstrauisch aber doch fröhlich schaute ich zu Conri.
"Keine Angst ich werd auf dich acht geben...voveo" Das letzte Wort formte etwas magisches über meinen Lippen und verschwand dann. Es war der unbrechbare Schwur, würde ich mein Versprechen nicht einhalten, würde ich sterben. Ich wusste Conri hielt nicht viel von Magie und als ich seinen fragenen Blick sah erklärte ich es ihm. Kurzerhand hielt ich ihm eine Hand hin und wollte ihm aufhelfen.

Ich nickte nur, von Magie hatte ich keine Ahnung..sie entzog sich meinem Verständnis. Werwolfmagie funktionierte anders, sie war fassbarer und folgte wesentlich anderen Regeln. Das sie sich selbst einen Schwur auferlegte wo sie sterben konnte war für mich nicht nachvollziehbar, bewies aber nur das sie ein herzensguter Mensch war und das sie sich daran halten würde daran zweifelte ich nicht. Kurz lächelte ich als sie mir die Hand hin hielt, nahm sie dankbar und ließ mir hoch helfen. Hoffentlich würde das Pferd nicht scheuen, für die meisten Tiere war ich genau wie ein richtiger Wolf nur noch ein Stück bedrohlicher.

Gehorsam trappte das Pferd los, es war eins der Jägerpferde und war somit die Umgebung und Nähe von magischen Wesen, somit auch Werwölfen gewöhnt.
Ich ließ es langsam angehen, wollte ich doch nicht das Conri sich unwohl fühlte.
Die Reise dauerte gut vier Stunden, doch es war nicht allzu anstrengend und das Wetter spielte auch mit. Im Dorf warf man teils überraschte, teils unverständliche Blicke auf Conri, ließen es jedoch geschehen, da ich dabei war.

Ich saß hinter Miku und hielt mich leicht verkrampft an ihren Sachen fest, aus Angst runter zu fallen. Höhen waren nicht so meins, nur wenn es sein musste kletterte ich irgendwo rauf. Während der Reise sagte ich kein Wort, mir war nicht nach reden zumute. Als wir dann endlich in dem Dorf ankamen schaute ich lieber die ganze Zeit auf Mikus Rücken anstatt zu den Dorfbewohnern. Nach dem was die mir alles vorgeworfen hatten konnte ich keinem von ihnen ins Gesicht sehen ohne mich schuldig zu fühlen, selbst wenn ich nichts getan hatte. Zumindest würde ich das diesmal nicht alleine durchstehen müssen...

Ich spürte deutlich Conri's unbehagen wollte darauf aber nicht eingehen, da musste er jetzt durch.
Ich hielt das Pferd vor einem etwas größeren Gebäude an und band es an einem Pfahl fest, ehe ich mit Conri im Schlepptau das Gebäude betrat.
"Du wartest hier kurz okay?" meinte ich, ließ ihn aber ohne die Antwort abzuwarten alleine und verschwand in ein kleines Zimmer.

Ich ließ Miku machen, sie wusste schon was sie tat und zumindest ihr vertraute ich noch. Als sie meinte ich solle hier warten nickte ich nur und bleib einfach da stehen, rieb mir nervös über den Arm. So wie ich aussah wollte ich mich denen eigentlich nicht zeigen, aber so konnten die zumindest sehen was aus mir geworden war...der Wolf in mir gab ihnen die Schuld daran das meine Hände nun vernarbt waren von den Silberverletzungen und daran wie verwahrlost ich nun war. Wirklich Recht geben konnte ich diesem Teil von mir nicht, konnte aber auch nichts dagegen sagen.

Man erzählte mir das ein Tribunal einberufen werden sollte, eine Abstimmung in der Conri sich erklären konnte und in der Abstimmung darüber entschieden werden würde, ob ihm geglaubt und er aufgenommen wurde. Ich selbst musste als Mitsprecherin dabei sein, allein schon deswegen weil ich damals hätte sterben können. Jetzt wusste ich auch warum es ihnen so wichtig war.
Der Dorfälteste diente als Schlichter und Richter, er war der der Beide Partein anhörte und den es zu überzeugen galt. Dann war da noch der Anführer der Rebellen, welcher extra aus diesem Grund angereist war, ein Mann mittleren Alters, einem drei-tage Bart, sah jedoch recht edel und mutig, gar ehrvoll aus. Dann war da noch der Jäger-Anführer, ebenfalls extra Angereist und er war schlicht gegen die Aufnahme von Yasu.
Diese Männer versammelten sich im Saal der Koferenzen, wo ich auch das erste Mal als ich hier war hingebracht wurde. Ich holte Conri ab und begleitete ihn dorthin.

Nervös folgte ich Miku, wusste ich ja nicht was mich erwartete und schaute ängstlich zu 3 Leuten. Nicht nur das ich aussah wie ein Landstreicher, ich war ja auch letztes mal nicht gerade freundlich empfangen worden. Ich hatte Angst wieder eingesperrt zu werden oder das man mir wieder weh tat und strich abwesend über die Narben an meinen Händen. Das war eine Bewegung die ich mir in den letzten Monaten angewöhnt hatte und ich machte das immer wenn ich mich daran erinnerte was Menschen alles antun konnten...denn heilen würden diese Narben nie, so wie es bei jeder Silberverletzung war. Was ich auch befürchtete war das man mich diesmal nicht weglassen würde... ein Werwolf war ein gefährliches Wesen und ich war recht stark...wahrscheinlich wollten die mich einsperren und den Rest meines Lebens in Ketten aus massiven Silber legen.

Wir betraten den Raum, nur um festzustellen das er rappel voll war. Fast das ganze Dorf war anwesend und hatte Platzgenommen. Die 3 hochrangigen Menschen standen vorne an mehreren Pulten. Conri sollte sich auf den Platz in der Mitte setzten und mein Pult war hinter Conri.
Die Stimme des Dorfältesten räusperte sich und er erhob das Wort. Alles war still.
"Wir haben uns heute hier versammelt um zu entscheiden ob der Werwolf Conri dem Dorf beitreten und hier leben darf, nach dem er in seiner Aufnahmeprüfung gescheitert ist."
Lautes buhen war zu vernehmen, doch als der Älteste seine Hand hob war wieder Stille. Er beugte sich leicht vor und schaute Conri an.
"Nun denn, stell dich doch bitte einmal selbst vor..."

Still setzte ich mich auf den mir zugewiesenen Platz und war froh das Miku da blieb...das der Rest des Dorfes auch hier war fand ich nicht so toll und zuckte zusammen als sie mich ausbuhten. Der Dorfälteste sagte das ich mich vorstellen sollte, was ich dann auch tat: "Conrì...ehemals William Foryst.." Es war das erste mal seit Jahren das ich jemanden meinen vollständigen Namen sagte, aber irgendwie erschien es mir passend.

Du suchst Asyl hier im Dorf und den Schutz der Firefly Rebellen " meinte er und bedeutete seinen Nachbarn, das sie fortfahren konnte. Zunächst erhob sich der Jäger-Anführer Jared, wo ich schon sofort seinen groll gegen Conri spürte.
"Dieser Junge da gehört eine Spezies an die Menschen tötet ohne Gewissen, ohne Grund, nur aus Spaß. Wir haben schon oft gesehen solche Tiere in unsere Gefilde kamen, unsere liebsten töteten und uns dann schamlos wieder verließen. Warum also, sollten wir so jemanden auch noch bei uns aufnehmen?" Zustimmende Rufe und Schreie, weiterhin buhten sie Conri aus und ich wusste grade nicht wie ich dies erwiedern sollte.

Asyl..? Konnte man das so bezeichnen? Wahrscheinlich, auch wenn ich eher sagen würde ich suchte eine Familie...einen Platz wo ich willkommen war. Der erste begann zu sprechen, mit sichtlichem Hass gegen Werwölfe und ich senkte den Kopf und verkrampfte meine zitternden Hände um den Saum meines Mantels. Es gab nichts was ich dagegen sagen konnte...als nächstes erhob sich der Anführer der Rebellen und begann zu sprechen: "Es mag sein das Werwesen Bestien sein können, aber der Junge hat auch bewiesen das er sich weitestgehend unter Kontrolle hat. Bei der Prüfung hat er niemanden verletzt, obwohl er es gekonnt hätte. Auch als er in der Hütte war hat er keinen Ärger gemacht, jedenfalls nicht mehr als es ein normaler Mensch auch getan hätte." Diesmal blieb das Publikum weitestgehend still, nur vereinzelt murmelten ein paar Leute.

Man merkte dem Jäger an das er nicht mehr respekt für den Rebellenanführer empfand als für andere Menschen, vielleicht kannten sich ja beide besser.
"Er ist fahrlässig, man kann ihm nicht trauen. Das ist auch der Grund warum er heute hier sein muss. Wegen ihm wäre eine Jägerkameradin gestorben, nicht einmal versucht hat er es!"
Jetzt mischte ich mich jedoch ein.
"Er kann doch nichts dafür, die Prüfung hat ihn stark beansprucht, er war verwundet und irritiert, jeder andere hätte in dieser Situation ebenfalls so handeln können wenn von ihm erwartet wird sich durch ein Fenster hinaus zu denken."
Murmeln in der Menge, doch der Großteil war wohl noch auf Seiten von Jared. Flehend schaute ich zu Conri, ich konnte ihn nicht verteidigen, wenn er es selbst nicht tat.

Ich hörte aufmerksam zu, auch wenn ich keinen der Leute anschaute, immerhin ging es hier vielleicht um mein Leben. Mikus Blick konnte ich nicht sehen, ergriff aber dennoch das Wort und hoffte das ich mich überhaupt verteidigen durfte und nicht einfach über meinen Kopf hinweg entschieden wurde. "Was hätte ich den tun sollen...ich war verletzt und hatte Fieber, ein Kampf wäre aussichtslos gewesen... außerdem..außerdem will ich niemanden verletzen..." Wieder sprach der Anführer, der anscheinend zumindest daran glaubte das ich gutmütig war das Wort: "Da hört ihr es. Ist das nicht ein Beweis dafür das er gutmütig ist? Außerdem wusste er nichts von dem zweiten Gegengift, woher auch. Und keiner von euch würde einen aussichtslosen Kampf anfangen für eine Sache die eh schon verloren ist, das wäre Selbstmord. Das kann man von keinem verlangen."