Saeculum - Maledicat Pristis

Der Wind pfeiffte mir durchs Gesicht und bewegte leicht schwungvoll meine violetten Haare. Es schneite und eine weiße Decke glitzerner Kristalle schmückten den Boden wie Blätter es im Herbst taten. Ich zitterte leicht, trotz des weißen Mantels, war ich vor allem in der Beingegend eher weniger bekleidet. Es sah gut so aus als würde es bald wohl noch viel kälter werden. Ich seufzte statt mich darüber zu beschweren sollte ich mich lieber etwas beeilen...wer weiß wann es dunkel werden würde? Schließlich sah man durch den Schneefall nicht wirklich gut den Sonnenstand. Meine Fußabdrücke zeichneten sich gut Sichtbar auf die Schneedecke ab, doch ich konnte es nicht verhindern...immer hin hatte ich schwere Ladung dabei.
Jede Menge Äste und Holzstücke hatte ich mir auf den Rücken gebunden und hievte sie in Richtung einer Höhle, wo ich für heute mein Basislager aufschlagen würde.
Morgen dann würde es weiter gehen zur Stadt. An meinem Gürtel hing ein Beutel, dessen Inhalt sich aus essbaren Beeren und Pilzen zusammen setzte.
Die Höhle war nicht wirklich gut versteckt, doch sie war leer und groß genug, das reichte mir. Rasch, von der Kälte getrieben, machte ich das Feuer an und ließ mittels Luftmagie den Beutel mit den Lebensmitteln über dem Feuer schweben, hoch genug das der Beutel nicht Feuer fing, jedoch tief genug damit es essbar wurde.
Nach geschaffener Arbeit ass ich gierig das Selbstgekochte und musste unweigerlich an meinen Meister denken.
"Schmeckt genauso wie bei ihm..."
Er war zu früh gestorben und ich musste mich nun damit zurechtfinden, doch allmählich verflog die Trauer und ich hatte nur noch eins im Kopf: Meine Zukunft.

Ich streifte durch den langsam immer dunkler werdenden Winterwald, auf der suche nach einem sicheren Schlafplatz. Um vor der Kälte besser geschützt zu sein war ich schon wochenlang in Wolfsgestalt unterwegs, kaum merkend das es immer vertrauter wurde Tier zu sein als Mensch. Doch im Moment war es unwichtig was ich war, viel schärfer noch als der kalte Wind stach ein stechender Schmerz in der Seite durch mein Bewusstsein. Kurz machte ich eine Pause, presste eine krallen bewehrte Pfote auf die relativ große und immer noch blutende Wunde. Es war erst heut morgen gewesen als mich ein Wilderer dabei erwischt hatte wie ich seine Fallen leerte, halb verhungert da es im Winter schwer war etwas zu jagen. Nun, er hatte mich wohl für ein wildes Tier gehalten und mir mit seinem einfachen Schwert eine deftige Wunde verpasst. Ich hätte mich verteidigen können..aber ich war abgehauen bevor der Wolf in mir durchkam und ich ihn noch verletzte oder gar tötete. Ungeachtet des Schmerzes stapfte ich weiter durch den Schnee, blutige Tropfen in meinen Fußspuren hinterlassend.
Hier war doch irgendwo eine Höhle...
Eine Weile später fand ich sie dann auch und schleppte mich weiter. Entweder ich nutzte das jetzt als Unterschlupf oder ich müsste eine Nacht draußen verbringen und morgen einen Tag erleben der noch schlimmer wäre als der heutige. Die Fußspuren die aus einer anderen Richtung zu der Höhle führten bemerkte ich nicht, auch den Geruch von Feuer, etwas gekochten und einer Fremden viel mir nicht auf, der Schmerz lenkte mich zu sehr ab. In dem wirbelnden Schneetreiben schien sich die Welt vor meinen Augen zu drehen, schließlich schaffte ich es gerade ein kleines Stück in die Höhle rein bevor ich halb bewusstlos zusammenbrach. Nur verschwommen kriegte ich mit das dort noch jemand war, jemand der ein Feuer entzündet hatte und mich möglicherweise wieder wegjagen würde, hinaus in den Schneesturm wo ich nur ungern eine weitere Nacht verbringen würde. So beließ ich es dabei einfach reglos liegen zu bleiben, am äußersten Rand der Höhle von hinten weiter hin Eis und Schnee ausgesetzt, die blaugrün schillernden Augen halb geschlossen. Müde, ich war so müde...zu essen hatte ich auch seit gestern Mittag nicht mehr gehabt, was sich langsam deutlich bemerkbar machte. Ich konnte nur hoffen das der oder die Fremde welcher vor mir in der Höhle gewesen war mich nicht angreifen würde, denn um mich zu verteidigen war ich zu schwach außerdem wollte ich niemanden mehr verletzen. Nicht nach dem was ich vor etwa Jahren meiner Familie angetan hatte.

Ich erschrack als eine wolfsähnliche Gestalt in die Höhle hineinstolperte und zu Boden ging. In Erwartung eines Angriffes kroch ich etwas zurück, doch als ich die Wunde an dessen behaarten Oberkörper bemerkte, traute ich mich näher heran.
"Etwas groß für einen Wolf. Eine Mutation? Oder etwa..."
Ich vermochte meinen Gedanken gar nicht auszusprechen. Ich hatte nicht viel über Werwölfe bei meinem Meister gelernt, lediglich das sie sich bei Vollmond verwandeln konnten und brandgefährlich waren. Aber es war kein Vollmond? Warum dann die Gestalt? Seufzend kniete ich mich neben es. Ich war recht tierlieb und ob es nun Naivität oder Hilfsbereitschaft war, ich musste diesem Wesen ja irgendwie helfen. Vorsichtig erschuf ich etwas Wind unter dem Corpus des Wolfes und ließ ihn sachte vor das Feuer schweben ehe ich ihn dort hinuter ließ. Mittels meiner Feldflasche reinigte ich die Wunde, riss ein langes Stück Stoff aus dem unteren Teil meines Mantels und verband die Verletzung behelfsmäßig.
Erschöpft sank ich zurück ans Feuer.
"Zuviel Magie für heute..."
Allein heute hatte ich für alle möglichen Sachen Magie anwenden müssen. Überquerung von Flüssen und Klippen, auf Bäume kommen um die Umgebung besser im Auge halten zu können und nun auch noch um einen vermutlich recht gefährlichen Wolf das Leben zu retten. Es war törrig...aber ich konnte nicht anders.

Ich erschrak zuerst als das Mädchen, was ich nun erkannt hatte, mich mit Magie anhob.
Will sie mich gewaltsam raus schmeißen..? Ich hab doch noch gar nichts getan..
Umso verwunderter war ich als sie mich näher ans Feuer brachte und auch meine Verletzung versorgte. Ich knurrte leise, mochte ich es doch nicht wirklich von Fremden berührt zu werden..auch wenn ich gegen ein paar Kuscheleinheiten nichts einzuwenden hätte. Halt, was dachte ich den da? Das war eine Fremde, vermutlich wollte sich mich nur in der Stadt ausliefern und irgendeine Prämie dafür kassieren. Aber warum hat sie mir dann geholfen? In meinem Kopf drehten sich die Gedanken um einander, bis schließlich der Überlebensinstinkt durchkam und mir sagte ich solle mich erstmal ausruhen. Ich rutschte ein Stück näher ans Feuer um mich aufzuwärmen und rollte mich da zusammen. Jetzt in dem flackernden Licht sah man auch das ich neben dem Fell noch eine kurze verschlissene Hose anhatte, die von einem einfachen Strick gehalten wurde. Ansonsten war da nur noch mein Mantel der um meine Schultern befestigt war und das einzige Kleidungsstück war das meine erste Verwandlung überstanden hatte. Die Hose hatte ich irgendwann mal geklaut, da ich nicht die ganze Zeit als Wolf rumlaufen konnte und als Mensch ja was zum anziehen brauchte. Langsam schlief ich ein, eingelullt von der Wärme und geschwächt vom Hunger. Ich merkte gar nicht mehr wie ich mich zurück verwandelte. Zuerst gingen das Fell und die Muskeln zurück, dann formten sich meine klauen bewehrten Pfoten wieder in Menschenhände um, wenn auch sehr schmutzige, und mein Gesicht nahm langsam wieder menschliche Züge an. Als letztes verschwand noch das schwarz aus meinen verfilzten Haaren und wich einem sanften weiß das im Feuerschein leicht rötlich schimmerte. Obwohl ich schlief krümmte ich mich während dessen vor Schmerzen zusammen, für mich war die Verwandlung meistens eine ziemliche Qual. Dann lag ich schließlich neben dem Feuer, menschlich, zusammen gerollt und mit nichts als der Hose bekleidet. Der Verband war auch verrutscht und gab den Blick frei auf die Verletzung die inzwischen schon aufgehört hatte zu bluten und bis morgen sicherlich ganz verheilt sein würde. Obwohl ich schon öfter verletzt worden war blieben niemals Narben zurück, bis auf die eine einzige Narbe im Gesicht, ein schräger Strich unterhalb meines rechten Auges. Er zeugte von der Begegnung mit jemandem der genau wusste wie man Werwölfe jagte und mir mit einem Silberdegen ein Auge ausstechen wollte. Es ging daneben, aber ich war damals nur knapp entkommen und hielt mich seitdem möglichst von Menschen fern.

Leicht angespannt wohnte ich der Rückverwandlung bei, ein Junge kaum älter als ich kam zum Vorschein. Ich eielte vorsichtig zu ihm und befestigte den Verband wieder leicht und streifte ihm seinen Mantel als Decke über.
"Hier iss etwas davon..."
Ich hielt ihm den Beutel mit dem leicht dampfenden Essen hin. Der Junge sah ausgehungert aus und was wäre ich für ein Mensch würde ich das Übriggebliebene mit ihm Teilen.

Letztendlich hatte ich also recht gehabt, er war ein Werwolf, wenn gleich er mir...anders vorkam. Mein Meister hatte mich immer wieder darauf hingewiesen das der erste Schein trügte und man sich niemals nur auf seine Augen verlassen sollte.
Leicht lächelnd sackte ich nach hinten. Er wäre sicher keine Gefahr mehr gewesen, zumindest heute nicht mehr und ich war viel zu erschöpft um groß noch lange wachzubleiben, also tat ich es dem Jungen gleich rollte mich zusammen und schlief im Schutze der Höhle seelenruhig ein.

Ich wachte kurz auf als das Mädchen mir etwas zu essen anbot und schaute sie einen langen Moment mit meinen unergründlichen Augen an eh ich es zögernd annahm und nach anfänglicher Scheu hungrig verschlang. Sie schien genauso erschöpft zu sein wie ich, deshalb legte ich mich danach wieder beruhigt hin und schlief auch schnell tief und fest ein. Wenn sie vorhaben würde mir etwas anzutun konnte ich mich notgedrungen verteidigen und spätestens morgen mittag würde es mir gut genug gehen um jeden Häscher vorläufig entfliehen zu können. In der Nacht wurde ich ein mal von einem Alptraum aufgeschreckt, einer dunklen Erinnerung an meinen letzten Blutrausch in dem ich einen Mann getötet hatte. Verschreckt schaute ich mich um und rollte mich schließlich Nähe suchend dicht neben dem Mädchen zusammen, wo ich den Rest der Nacht friedlich schlafend verbrachte. Es war schön nicht allein zu sein, auch wenn ich mein Misstrauen noch nicht abgelegt hatte.

Als ich langsam aufwachte spürte ich beim Aufstehen wie jemand dicht neben mir lag. Leise lächelnd schaute ich den Jungen an, nur um dann das Feuer, welches in der Nacht natürlich erloschen war neu zu entzünden und das Frühstück vorzubereiten. Der Schneesturm hatte sich gelegt, nur leichte Flocken wehten im Wind hin und her, Die Schneedecke blieb jedoch. Bald würde es Weihnachten sein, ich hatten Geschichten gehört über das Fest der "Liebe" und "Glückseligkeit", aber mein Meister hatte nie etwas von solchen Dingen gehalten, selbst mein Geburtstag war stets ein ganz normaler Tag gewesen...etwas traurig aber ich musste mich damit abfinden.
Es waren noch einige Kilometer bis zur Stadt. Fragen warfen sich durch meinen Kopf: Was wenn ich dar war? Würde ich vielleicht in mein eigenes Haus ziehen? Arbeiten? Als was?
Seufzend schaute ich dem Essen zu das langsam fertig wurde und einen unwiderstehlichen Dunst von sich gab.

Ich wurde am Morgen eine Weile nach dem Mädchen wach, setzte mich vorsichtig auf. Von der Verletzung spürte ich kaum noch etwas, ich wusste aus Erfahrung das man heut Abend nicht mal mehr eine Narbe sehen würde. Die Knie angezogen beobachtete ich das Mädchen welches mir geholfen hatte, kein Wort von mir gebend. Es war schon Monate her das ich das letzte Mal etwas anderes als Knurren und Wolfsheulen von mir gegeben hatte. Viel von meinem alten Leben hatte ich mir nicht bewahrt, nur meinen Namen hatte ich behalten.
William...Will Ich konnte immer noch die Schreie meiner Familie hören und unterdrückte es die Hände auf die Ohren zu pressen.
Abwesend starrte ich in das Schneetreiben hinaus, fieberhaft überlegend welcher Tag wohl war. Anfangs hatte ich noch versucht die Tage mit Strichen auf einem Stock festzuhalten, aber ich war nach ein paar Vollmonden durch einander gekommen und hatte es aufgegeben. Ich wusste nur das das hier mein 4 Winter war den ich allein im Wald verbrachte..verstoßen von der Welt, gefürchtet von den Menschen.

Ich bemerkte wie der Junge wach wurde und kniete mich vorsichtig neben ihm. Die kleine Feldflasche gab ich ihm vorsichtig.
"Trink...du musst doch wieder zu kräften kommen."
Ich lächelte leicht und kümmerte mich wieder um das Essen, das leicht verpackt in einem Beutel über dem Feuer schwebte..
"Wie es wohl ist so ein Wesen zu sein? Er wird sicher kaum von anderen Menschen akzeptiert werden."

Wieder schaute ich sie erst einen langen Moment an eh ich zögernd die Trinkflasche annahm und und in wenigen kleinen Schlucken trank. Ich würde ihr gerne sagen das es mir eigentlich gut ging, aber ich war unsicher ob ich nach der langen Zeit überhaupt noch ein vernünftiges Wort zusammen brachte. Es war nicht leicht mit dem Wolf zu leben, oft kam das Tier durch welches sich nur auf Instinkte verließ und nicht nachdachte. Dann war es schwer noch ich selbst zu bleiben, auch wenn ich mir beste Mühe gab um niemandem zu verletzen.
Ich legte die Flasche wieder in ihre Nähe, nur um gleich darauf ein Stück zurück zu weichen. Dann beobachtete ich wie sie kochte, anscheinend unter mit Hilfe von Magie.

Ich lächelte als ich sah wie er trank, ich wusste nicht wieso, aber ich war froh ihm geholfen zu haben. Als ich das Essen für fertig empfand ließ ich es zu dem Jungen herüber schweben.
"Hier ess, aber sei vorsichtig ist noch recht heiß, nicht das du dich verbrennst!"
Ich ließ das Päckchen vor ihm nieder, so das er es in aller Ruhe öffnen konnte.
"Kannst du vielleicht sprechen? Wie heißt du? Ich heiße Miku."
Neugierig plapperte ich vor mich hin, hoffte innerlich jedoch ihn nicht damit zu überfordern, das wäre keineswegs meine Absicht gewesen.

Ich nahm vorsichtig das Päckchen und begann langsam zu essen. Auf ihre Frage ob ich sprechen konnte nickte ich nur zögerlich, sprach aber keinen Ton. Vorerst aß ich etwas und überlegte derweil wie ich auf die Frage nach meinem Namen antworten konnte.
William oder Conri...
Als ich dann fertig war stellte ich den Beutel beiseite, überlegte eine Weile und sagte dann leise, mit rauer Stimme der man es anhörte das sie lange nicht benutzt worden war
"Cr..Con..ri"
Inzwischen war ich mehr Conri als William auch wenn ich momentan ein Mensch war. Der Wolf war einfach stärker als der Junge welcher sich seit dem Schock seine Familie umgebracht zu haben nicht mehr erholt hatte. Fast schon erschrak ich darüber wie sich meine eigene Stimme anhörte.

Seine Stimme klang ziemlich abgehackt und typisch für eine geschwächte Stimme.
"Sehr erfreut"
Ich lächelte leicht und warf ihm ein kleines, fingergroßes Fläschen zu, das sich in der Innentasche meines Mantels aufgehalten hatte.
"Trink...schmeckt zwar nicht gut, aber immerhin wird das deine Stimmbänder regenerieren und du wird weniger Probleme mit dem Sprechen haben."
Ich wusste zwar wie solche Tränke hergestellt wurden, doch dieses Fläschchen kam direkt aus dem Vorrat meines alten Meisters. Es war das beste vom besten.

Ich zuckte leicht zurück als Miku mir etwas zuwarf, fing aber dennoch das Fläschchen aus Reflex auf. Misstrauisch schaute ich das Zeug an, tranks dann aber dennoch. So wie ich mich jetzt anhörte konnte ich mit niemandem sprechen. Ich verzog das Gesicht, das Zeug schmeckte wirklich furchtbar und mit meinen geschärften Sinnen war es noch schlimmer. Dem Wolf in mir entfuhr ein gereiztes Knurren, von dem ich im Nachhinein hoffte das es das Mädchen nicht verschrecken würde. Die wenigsten mochten es wenn der Wolf durchkam, viele wollten das ich einfach nur Mensch war aber das widersprach einfach meiner Natur.

Ich schreckte leicht zurück, dabei in Gedanken ob ich damit vielleicht einen Schritt zu weit gegangen war. Doch als er nicht aussah als wolle er mich angreifen ging ich auf meine alte Postion zurück und lächelte Conrì an.
"Und hat es geholfen? Die Wirkung tritt eigentlich sofort ein."
Gespannt wartete ich vor diesem interessanten Wesen. Aus dem Augenwinkel sah ich wie der Schneesturm wieder stärker wurde. Das hieß dann wohl warten, warten bis sich die Gelegenheit ergab, loszumaschieren, immerhin wollte ich noch in eine Stadt kommen.

Ich senkte den Kopf und schaute zu Boden als ich merkte wie sie auf mein Knurren reagierte.
Dann ist sie wohl auch nur eine von denen die Angst vor mir haben... Das sie mich anlächelte sah ich nicht, antwortete aber auf ihre Frage
"Ja..es hilft.."
Was nicht hieß das ich von jetzt an mehr reden würde. Ich war noch nie allzu gesprächig gewesen und die 4 Jahre Einsamkeit hatten da auch nicht viel dran verbessert. Der Sturm draußen schien stärker zu werden, das hörte ich am Geräusch des Windes. Lautlos seufzte ich. Hieß wohl noch länger mit einem Menschen in einer Höhle festsitzen.

Ich nickte unweigerlich etwas, nahm seine ungesprächige Stimmung hin und lehnte mich gegen die Höhlenwand, darauf wartend das der Sturm sich legte.
Irgendwie war ich froh das Conrì hier war, immerhin war er das zweite menschliche Lebewesen das ich kennengelernt oder auch nur getroffen hatte. Selbst auf der lange Reise in Richtung Stadt war mir kein Mensch in der Wildnis begegnet, wenn gleich ich wusste das Conrì nich unbedingt als ganzer Mensch galt.
Leicht musterte ich ihn, wusste nicht ob ich jetzt besser irgendwas sagen oder schweigsam blieben sollte. Letztlich entschied ich mich für letzteres.

Die Knie leicht angezogen starrte ich mit meinen blaugrün schillernden Augen hinaus in das Schneetreiben. Meine Schwestern hatten immer gemeint ich hätte Augen wie Meer und Wald. Den Wald kannte ich, er war ein Teil der Wolfsnatur aber das Meer hatte ich noch nie gesehen..da waren zu viele Städte mit Menschen und Wasser mochte ich auch nicht sonderlich weil mein Fell dann schnell klatschnass wurde. Vorsichtig fragte ich, ohne Miku anzuschauen
"Welcher..Tag ist heute..?"
Es musste irgendwo Mitte Winter sein, aber ich wusste nicht wann genau. In meinen Kopf war ein Großteil durch einander geraten, aufgrund einiger Blackouts und der Tatsache das Wölfe nur im Jetzt leben und weder an das Gestern noch an das Morgen dachten. Dafür konnte ich als Wolf den Schmerz über den Tod meiner Familie vergessen..

"Es ist der 15.12.1432"
Einst hatte mir mein Meister gezeigt wie man sowas anhand der Luftströme herausfinden konnte. So wirklich verstanden hatte ich es nicht, aber funktionieren tat es trotzdem.
"Sag mal...wie ist es so halb Wolf zu sein?"
Leicht neugierig und doch freundlich schaute ich Conrì an und lächelte dabei.
Ich wäre nicht sauer würde er mir nichts sagen, aber ich fragen kostete ja nichts, zumindest in dieser Situation.

Schon so lange...bald ist Weihnachten..
Der Gedanke an die fröhlichen Weihnachtsfeste mit meiner Familie schmerzen und trieben mir fast die Tränen in die Augen. Ihre Frage wie es war ein Wolf zu sein machte die Schuldgefühle auch nicht gerade besser.
"Es ist..schlimm..."
Ich zögerte, es würde sicher gut tun jemandem davon zu erzählen, aber konnte ich das riskieren? Wie würde sie reagieren wenn sie erst mal wusste das ich eine Bestie war, die Menschen tötete, sich nicht immer ganz kontrollieren konnte und meine Familie auf grausamste Art umgebracht hatte. Also schwieg ich, die Augen zu Boden gerichtet damit das tränenschimmern in meinen Augen nicht auffiel, die Hände um meinen Mantelsaum krampfend bis die Knöchel weiß hervor traten.

Verständnisvoll schaute ich ihn an. Mir war nicht entgangen das ihn die Frage nicht gefiel und gar traurig darauf reagierte, wenn gleich ich die Tränen nicht sehen konnte.
"Tut mir leid...ich hätte nicht fragen dürfen."
Ein schlechtes Gewissen plagte mich und ich wendete meinen Blick wieder von ihm ab. Wie konnte ich auch erwarten das mir jemand, den ich vor ein paar Stunden gerade mal kennengelernt hatte, seine Lebensgeschichte erzählen würde.
Lautlos über meine Naivität seufzent schaute ich auch dem Eingang und betrachtete die Flocken, welche langsam weniger wurden.

Ich spürte das es ihr wirklich leid tat gefragt zu haben und entspannte mich wieder. Das Mädchen hatte etwas an sich was mich beruhigte und mich sicher fühlen ließ, also fing ich nach einigem Schweigen leise und zögerlich an zu erzählen.
"Ich...hab was schlimmes getan als..als ich das erste Mal zum Wolf wurde...war der Vollmond nach meinem 12 Geburtstag...bin danach weggelaufen..aus Angst vor dem was sie tun würden wenn...wenn sie raus finden das ich das war..oder es wieder passieren kann..."
Kaum hörbar fügte ich noch hinzu:
"Ich hab meine Mutter und meine 2 Schwestern umgebracht..."
Dann schloss ich die Augen, schaffte es nicht ihr ins Gesicht zu schauen. Vermutlich war es ein Fehler gewesen ihr davon zu erzählen.

Ich hörte aufmerksam zu und sprach auch als er fertig war kein Wort. Ich wusste selbst wie es war ohne Eltern auskommen zu müssen und vorallem hatte ich noch bis heute das Gefühl das es an mir lag, das ich weggegeben wurde.
Leicht nickte ich.
"Das tut mir leid...ich verstehe wie du dich fühlen musst."
Bedrückt schaute ich an den nächstbesten Blickfänger.

Wieder entwand sich mir ein Knurren, das schärfer klang als das vorherige.
"Leid tun? Behaupte nicht du wüsstest wie ich mich fühle, es sei denn du hast dasselbe getan. Du hast keine Ahnung, hast allen falls ein paar Geschichten über..Werwölfe gehört. Hör auf so zu reden als wüsstest du wie es ist als Wolf zu leben."
Verärgert schlug ich mit der Hand ein paar Mal auf den Boden, bis meine Knöchel bluteten. Der Schmerz lenkte ab und hinderte mich gleichfalls daran sie vor Wut anzufallen. Vor meine Augen legte sich ein leicht rötlicher Schleier, es kostete mich ein paar Minuten eh ich mich wieder beisammen hatte und nicht mehr Gefahr lief meine Wut an irgendwas oder irgendwem auszulassen.

"Du hast recht...ich weiß nicht wie es ist ein Wolf zu sein...aber ganz sicher kenn ich das Gefühl alleine zu sein, keine Eltern mehr zu haben die für einen sorgen und wie schmerzlich der Verlust eines geliebten Menschen ist."
Ich ballte leicht die Fäuste, es ging mir deutlich gegen den Strich das er so mit mir redete und dabei fast am ausrasten war. Der Schneefall hatte sich wieder gelegt und die Sonne schaute hervor.
"Mach nur was du möchstest, dir scheint es ja wieder besser zu gehen...ich für meinen Teil gehe jetzt los um mein eigentliches Ziel zu erreichen."
Mit einem Windzug löschte sich das Feuer und ich stapfte, ohne einen weiteren Blick an Conrì gewand durch den Schnee los. Es war bitter kalt, aber ich war die letzten Tage schon so unterwegs gewesen, langsam musste ich mich ja daran gewöhnen. Ich orientierte mich anhand der Sonne und ging dann strickt Richtung Osten, wo sich die Wirtschaftsstadt Vadec befand, eine unter vielen in diesem Land, so sagte es mir zumindest eine Landkarte die ich studiert hatte bei meinem Meister.